Donnerstag, 13. Mai 2010
Le Golem
Frankreich 1967 Regie: Jean Kerchbron



Nachdem er aus Versehen seinen Hut mit einem Fremden verwechselt hatte, findet sich unser namenloser Protagonist eines Nachts plötzlich in dessen Leben wieder, als Gemmenschneider Athanasius Pernath im alten Prager Ghetto. Dort wird er nicht nur in ein Komplott um eine untreue Gräfin hineingezogen, auch begegnet ihm immer wieder die sagenhafte Gestalt des Golems, zu der er eine eigentümliche Verbindung zu haben scheint...



Gustav Meyrinks Roman war eines von diesen Büchern, die ich nicht aus der Hand legen konnte und mich wider der Vernunft bis tief in die Nacht weiterlesen liess, so gefesselt war ich von der Geschichte. Es sollte mittlerweile bekannt sein, daß es sich bei den meisten Golem-Filmen – auch Paul Wegeners berühmten Golem, wie er in die Welt kam von 1920 – nicht um Verfilmungen des Romans, sondern der Legende um Rabbi Löw handelte. Daß es tatsächlich mindestens zwei Adaptionen des Buches gibt, ist nicht so weit verbreitet, wobei Piotr Szulkins Version von 1980 die Handlung in die Zukunft versetzt und sich einige Freiheiten nimmt. Diese französische TV-Fassung hält sich eng an die Vorlage – nachdem ich von ihr gelesen hatte, habe ich damit gerechnet, sie wahrscheinlich niemals zu Gesicht zu bekommen. Das hat sich jetzt durch das Erscheinen einer französischen DVD erstaunlicherweise geändert – noch erstaunlicher ist allerdings, wie absolut großartig dieser Film geworden ist.



Bereits der Stoff selbst behandelt ja ein „Hinabtauchen in die Vergangenheit“, und dieses Motiv wird hier auch stilistisch umgesetzt: Die Bauten erinnern teilweise an die schrägen, verwinkelten Konstruktionen eines Cabinet des Dr. Caligari, aber auch an die kargen, gigantischen Hintergründe der Universal-Filme der 30er, vor allem Frankenstein. Über weite Strecken wirkt der Film zudem wie eine nicht enden wollende Traumsequenz aus einem Film Noir der 40er Jahre. Einzig die Verwendung der ein oder anderen experimentellen Technik läßt das Entstehungsjahr 1967 erahnen. Neben den Darstellern muß auch die Arbeit des Kameramanns Albert Schimel besonders gelobt werden, der nicht nur ein Auge für faszinierende Bildausschnitte hat, sondern auch noch zahlreiche lange Plansequenzen virtuos umsetzte. Ein echtes Fundstück für Freunde der Phantastik und eigenwilligen Filmemachens! So toll der Film auch ausgefallen ist, insgeheim wünsche ich mir aber immer noch eine Verfilmung des Romans, der auch das alte Prager Ghetto sichtbar wieder auferstehen läßt, aber das könnte teuer werden...

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