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Sonntag, 8. Juni 2014
Rendezvous in Bray
hypnosemaschinen, 03:02h
Rendez-vous à Bray, Belgien/Frankreich/Deutschland 1971, Regie: André Delvaux
Paris 1917: Als Luxemburger ist der Pianist Julien (Mathieu Carrière) nicht verpflichtet, am Weltkrieg teilzunehmen, wird aber aufgrund seines Akzents immer häufiger für einen deutschen Spion gehalten. Er erhält eine Einladung seines französischen Freunds Jacques, ihn während eines Fronturlaubs in seiner Villa auf dem Land zu besuchen. Die kleine Ortschaft ist selbst für Kriegsverhältnisse merkwürdig menschenleer, und auch von seinem Freund ist keine Spur zu sehen, nur ein schönes, aber wortkarges Hausmädchen (Anna Karina) empfängt den Gast...
Zwischen Un soir, un train und Belle entstanden, evoziert Delvaux auch hier eine eigenartige, irreale Stimmung, die nicht durch konkrete übernatürliche Ereignisse unterfüttert wird und keine eindeutige Erklärung erfährt - wie die weißen Flecken in den zu Kriegszeiten zensierten Zeitungen kann der Rezipient selbst über ihre Bedeutung mutmaßen. Dabei kann man sich durchaus von den geschickt verschachtelten Verweisen auf Literatur, Musik, bildende Kunst und Film leiten lassen, die geboten werden: Basierend auf der Novelle "La roi cophutea" von Julien Gracq, die ihrerseits von Gemälden aus dem 19. Jahrhundert inspiriert wurde, die eine alte Legende aufgriffen, ist King Cophetua and the Beggar Maid von Edward Burne-Jones auch im Film zu sehen und scheint Vorbild für dessen Lichtsetzung gewesen zu sein.
Dann gibt es auch noch Verweise auf das Kino der Handlungszeit: Neben Kreisblenden werden in einer Rückblende, die Julien als Stummfilmpianist zeigen, auch komplette Sequenzen aus Feuillades Fantômas in den Film integriert. Carrière, der durch seine öffentlichen Auftritte nicht unbedingt Sympathiepunkte sammelt, ist mit seinem reduziertem Spiel auch hier ziemlich perfekt in seiner Rolle, wird aber freilich von Anna Karina überstrahlt. In einer Nebenrolle sorgt Bulle Ogier für comic relief, als sie minutenlang versucht, auf einer vornehmen Feier mit nur einer freien Hand ein Stück Geflügel standesgemäß zu verspeisen. Vielen Dank, Monsieur Delvaux, ihre eigenartige Filmkunst vermag mich immer wieder zu begeistern.
Paris 1917: Als Luxemburger ist der Pianist Julien (Mathieu Carrière) nicht verpflichtet, am Weltkrieg teilzunehmen, wird aber aufgrund seines Akzents immer häufiger für einen deutschen Spion gehalten. Er erhält eine Einladung seines französischen Freunds Jacques, ihn während eines Fronturlaubs in seiner Villa auf dem Land zu besuchen. Die kleine Ortschaft ist selbst für Kriegsverhältnisse merkwürdig menschenleer, und auch von seinem Freund ist keine Spur zu sehen, nur ein schönes, aber wortkarges Hausmädchen (Anna Karina) empfängt den Gast...
Zwischen Un soir, un train und Belle entstanden, evoziert Delvaux auch hier eine eigenartige, irreale Stimmung, die nicht durch konkrete übernatürliche Ereignisse unterfüttert wird und keine eindeutige Erklärung erfährt - wie die weißen Flecken in den zu Kriegszeiten zensierten Zeitungen kann der Rezipient selbst über ihre Bedeutung mutmaßen. Dabei kann man sich durchaus von den geschickt verschachtelten Verweisen auf Literatur, Musik, bildende Kunst und Film leiten lassen, die geboten werden: Basierend auf der Novelle "La roi cophutea" von Julien Gracq, die ihrerseits von Gemälden aus dem 19. Jahrhundert inspiriert wurde, die eine alte Legende aufgriffen, ist King Cophetua and the Beggar Maid von Edward Burne-Jones auch im Film zu sehen und scheint Vorbild für dessen Lichtsetzung gewesen zu sein.
Dann gibt es auch noch Verweise auf das Kino der Handlungszeit: Neben Kreisblenden werden in einer Rückblende, die Julien als Stummfilmpianist zeigen, auch komplette Sequenzen aus Feuillades Fantômas in den Film integriert. Carrière, der durch seine öffentlichen Auftritte nicht unbedingt Sympathiepunkte sammelt, ist mit seinem reduziertem Spiel auch hier ziemlich perfekt in seiner Rolle, wird aber freilich von Anna Karina überstrahlt. In einer Nebenrolle sorgt Bulle Ogier für comic relief, als sie minutenlang versucht, auf einer vornehmen Feier mit nur einer freien Hand ein Stück Geflügel standesgemäß zu verspeisen. Vielen Dank, Monsieur Delvaux, ihre eigenartige Filmkunst vermag mich immer wieder zu begeistern.
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