Sonntag, 28. Dezember 2014
El poder de las tinieblas
Argentinien 1979, Regie: Mario Sábato



Fernando wird immer wieder von einem Freund aus Kindheitstagen genervt, der davon überzeugt ist, daß die in Buenos Aires immer zahlreicher erscheinenden Blinden die eigentlichen Herrscher der Welt sind. Er kann seinen alten Bekannten zwar erfolgreich abwimmeln, hat aber bald auch Alpträume, in denen blinde Menschen einen finsteren Plan verfolgen. Als sein Freund dann unter rätselhaften Umständen stirbt, ist Fernando selbst von der Verschwörung überzeugt...



Regisseur Mario Sábato ist der Sohn des Autors Ernesto Sábato und verfilmte hiermit einen Teil dessen als wichtiges Werk der argentinischen Literatur des 20. Jahrhunderts geltenden Romans "Sobre héroes y tumbas", der 1961 erschien. Ironischerweise erblindete der 2011 fast 100jährig verstorbene Autor - wie auch sein Landsmann Borges - im Alter selbst, was der Geschichte noch einen zusätzlich merkwürdigen Touch verabreicht - man fragt sich dann auch unwillkürlich, warum das Motiv einer blinden Bedrohung in der spanischen und portugiesischen Kultur so weit verbreitet ist - man denke etwa an José Saramogas "Stadt der Blinden" oder auch an Horrorfilme wie Último deseo.



Der Adaption - dessen Originaltitel man nicht mit dem spanischen Der Exorzist und die Kindhexe verwechseln sollte - sieht man an, daß sie zur Entstehungszeit durchaus ein großbudgetiertes Prestige-Objekt war, welches das beste der argentinischen Kultur transportieren sollte - so sind einige Kamerafahrten über die Dächer von Buenos Aires sehr beeindruckend ausgefallen.



Im Nachhinein wurde der Film aber eher vergessen, was damit zusammenhängen mag, daß er nur einen Teil der literarischen Vorlage - für die sich John Malkovich mittlerweile die Rechte gesichert hat - umgesetzt hat. Ein Problem ist wohl auch der Hauptdarsteller, dessen Mimik so überzogen wirkt, als wäre er Teil eines Stummfilms. Was aber nichts daran ändert, daß wir es hier - gerade aufgrund des abseitigen Plots - mit einem äußerst ungewöhnlichen und faszinierendem Film zu tun haben.





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Freitag, 26. Dezember 2014
Heinrich Zschokke: Heirate niemals im Advent
Im kleinen Ort Herbesheim geht die Sage des "toten Gastes" um, der alle 100 Jahre erscheint und in der Adventszeit drei der schönsten Jungfrauen Heiratsanträge macht - doch einige Tage später findet man die Bräute mit umgedrehten Hals tot im Bett und vom fremden Galan fehlt jede Spur. Als sich der nächste Jahrestag nähert, soll die hübsche Friederike Bantes nach ihres Vaters Willen den Sohn des reichen Bankiers Hahn heiraten, der ähnelt mit seinem langen, bleichen Gesicht und der schwarzen Kleidung aber sehr dem toten Gast aus der Sage, zudem fühlt Friederike sich eher ihrem Jugendfreund Waldrich zugeneigt...



Für heutige Leser dürfte der 1821 unter dem Titel "Der tote Gast" verfasste Roman aufgrund seiner teils antiquierten Sprache und eher weniger spektakulären Handlung nicht unbedingt von großem Interesse sein, es ist aber lobenswert, daß der Herder-Verlag ihn wie einige ähnliche Werke Anfang der 1980er in seiner Taschenbuchreihe "Unheimliche Geschichten" wieder zugänglich machte. Von besonderem Wert ist hier das ausführliche Nachwort von Hildegard Gerlach, welches nicht nur den mittlerweile kaum noch bekannten Autoren, sondern auch den historischen Kontext der Geschichte genau beleuchtet, und so einige satirische Spitzen betont, die einem sonst entgangen wären. Für Freunde des ursprünglichen "Schauerromans" in der Ann Radcliffe-Tradition eine durchaus gewinnbringende Lektüre. Erstaunlich auf jeden Fall, daß der vom Autor gewählte fiktive Handlungsort "Herbesheim" bis zum heutigen Tage nicht existiert, obwohl man sich durchaus einen Ort diesen Namens vorstellen könnte - und das knapp zwei Jahrhunderte vor Google, Wikipedia und Co.

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Sonntag, 30. November 2014
The Ex @ Musikbunker Aachen, 29.11.2014


Zum ersten und einzigen Mal habe ich die Amsterdamer Ausnahmeband 1990 zusammen mit BILLY AND THE WILLIES in Geleen gesehen und war sehr begeistert, im Nachhinein ist es mir unverständlich, warum ich ihre 3 Auftritte in Aachen im weiteren Verlauf der 90er Jahre verpasst habe, muß wohl triviale Gründe wie Uni-Klausuren oder am nächsten Tag früh arbeiten müssen gegeben haben.



Die 1979 gegründete, aus der Hausbesetzerszene entstandene Band, die man vielleicht besser als "Kollektiv" bezeichnet, hat jedenfalls nichts von ihrem Schneid verloren. Zu den treibenden Beats der großartigen Schlagzeugerin Katherina Bornefeld gesellen sich drei, mal minimalistisch reduzierte, dann wieder hemmungslos schrammelnde Gitarren, wobei sich die Songs selbst weitmöglichst von der klassischen Strophe/Refrain-Struktur entfernen.



Wer den Sound von THE EX nicht kennt, dem könnte man ihn mit einer Mischung aus CRASS, GANG OF FOUR und BIG BLACK beschreiben, was aber auch ein wenig albern wäre, da die Band schon genauso lang oder länger wie die Vergleichsobjekte aktiv ist und schon ein sehr eigenes Ding durchzieht, und immer wieder für Kooperationen mit z.B. New Yorker Jazz-Cellisten oder äthiopischen Sängern zu haben ist und sich ständig neu definiert. Für die Stilrichtung, die man irgendwann als "Math rock" bezeichnete, dürften sie ebenfalls als Vorreiter gelten.



Der Gig im Musikbunker wurde jedoch von ihrem klassischen Postpunk-Gitarreninferno dominiert, welches zu spontanen Zuckungen bei mir und den leider nicht allzu zahlreichen anderen Zuschauern führte. Zum gelungenen Konzertabend trug wohl auch bei, daß man der Band ansah, selbst nach 35 Jahren immer noch verdammt viel Spaß zu haben, ständig grinsend oder lächelnd - dazu dann auch noch charmante, auf Deutsch vorgetragene Ansagen wie "Vielen Dank! Sie sind alle sehr schön!" - Nein, die werde ich beim nächsten Mal bestimmt nicht mehr verpassen.

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