Dienstag, 11. November 2014
Frank Portman: King Dork
Frank Portman ist besser bekannt als "Dr. Frank", Sänger/Gitarrist/Songwriter der seit 1985 aktiven kalifornischen Punkrock-Band THE MR. T EXPERIENCE und ist wohl auch einer der größten lebenden Punk-Lyriker - nicht im politischen Sinne, sondern in einer ganz eigenen Art mit grandiosen Wortspielen Weltschmerz und Liebeskummer süß-sauer zu verpacken. Außerdem ist er auch ein verdammt netter Kerl, was sich bei seinem letzten Gig in Aachen vor zwei Jahren erneut bestätigte. 2006 veröffentlichte er seinen ersten Roman, und jetzt kam ich endlich auch mal dazu, diesen zu lesen.



Dabei hatte ich anfangs ein bißchen Schwierigkeiten, war ich doch fälschlicherweise davon ausgegangen, daß der Autor, obwohl ein paar Jahre älter als ich, ein Buch für "unsere" Generation verfasst hatte - "King Dork" ist aber eher an eine "Young Audience" gerichtet, also die Teenager und Heranwachsenden von heute. Das Buch zog mich aber trotzdem bald in seinen Bann: Erzählt wird aus der Perspektive des Außenseiters Tom Henderson, der nur einen Freund hat und ansonsten von seinen stärkeren Mitschülern drangsaliert wird, was mich dann schon an einige Momente der eigenen Schulzeit erinnerte, aber auch in einem so lakonisch-humorvollen Stil beschrieben wird, daß man gerne kleben bleibt. Zudem wird noch eine Art Detektivgeschichte mitgeliefert, in der Tom versucht, die merkwürdigen Notizen, die sein verstorbener Vater in seiner Ausgabe von THE CATCHER IN THE RYE hinterlassen hat, zu entschlüsseln, und es gibt Popkultur-Referenzen satt, von den RAMONES (klar) bis zu INVASION OF THE BODY SNATCHERS. Auch sehr amüsant die Bandnamen und Albumcover, die sich der Erzähler und sein Freund ausdenken, bevor sie überhaupt mal ein relevantes Instrument besitzen geschweige denn spielen können. Rundum lohnenswerte Lektüre, die weiteren Bücher von Frank Portman - das aus weiblicher Perspektive geschriebene "Andromeda Klein" und die für Dezember angekündigte Fortsetzung von "King Dork" - landen dann auch gleich mal auf der Einkaufsliste. Ob aus der seit 2009 angekündigten Verfilmung des Romans was wird, bleibt abzuwarten...

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 5. November 2014
Live-Audiokommentar XXXIX: Au Hurgebiet III


In der dritten Ausgabe des Aachen-Specials, erneut in Zusammenarbeit mit dem Blog AACHENER UNTERGRUND KULTUR gibt es wieder nicht nur einen Überraschungsfilm, sondern gleich mehrere zu sehen. Die Bandbreite reicht dabei von bizarren Kurzfilmen über obskure Konzertmitschnitte bis zu merkwürdigem dokumentarischem Material. Neben meiner Wenigkeit kommentiert Frank Rowenta und als Special Guest begrüßen wir Heiko Fischer.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 23. Oktober 2014
Sleepwalker
GB 1984, Regie: Saxon Logan



Marion und Alex haben ein abgelegenes altes Haus in der Provinz geerbt und gehen sich dort hauptsächlich auf die Nerven. Als Marions Freundin Angela mit ihrem Gatten Richard die beiden besucht, eskaliert die Situation in einem Restaurant, denn der in der Videobranche zu Geld gekommene Richard ist das genaue Gegenteil des linken Intellektuellen Alex. Noch unangenehmer wird es, als die reichlich beschwipste Marion erzählt, daß Alex ein Schlafwandler ist und sie einst im somnambulen Zustand erwürgen wollte...



Saxon Logan kam unter den Fittichen seines Idols Lindsay Anderson zum Filmgeschäft und lieferte hiermit nach zwei Kurzfilmen seine erste längere Arbeit als Regisseur ab. Sleepwalker ist eine allegorische Abrechnung mit der Ignoranz der Mittelklasse während der Thatcher-Ära und benutzt dazu Stilmittel des Horrorfilms, vom James Whale-Klassiker The Old Dark House über die Hammer-Horrorfilme bis zum Giallo-Kino eines Mario Bava oder Dario Argento. Ein eigenwilliges Konzept, das aber durchaus aufgeht: Die Figur des Richard ist zwar ein wenig zu sehr auf das Klischee des rücksichtslosen Kapitalisten gebürstet, liefert aber den nötigen Gegenpart für eine grandiose Performance von Bill Douglas (Alex), der hauptsächlich als Regisseur einer Trilogie über seine Kindheit in Schottland bekannt ist (die ich mir bald auch anschauen werde), aber auch als Schauspieler über ein enormes Charisma verfügt. Vor allem aber überzeugt der Film auf der visuellen Ebene, trotz minimalem Budget und einer Drehzeit von nur 5 Tagen sieht hier jede Einstellung verdammt großartig aus.



Ebenso bemerkenswert wie der Film selbst ist auch seine Rezeptionsgeschichte: Bei seiner Uraufführung im Rahmen der Berlinale wurde er mit großer Begeisterung aufgenommen, als Saxon Logan mit dem Gefühl, er könnte jetzt den Durchbruch schaffen, nach England zurückkehrte und den Film dort den Verleihern vorführte, fand aber niemand Interesse daran, vielmehr wurde der Regisseur angeschnauzt, warum er mit so einem Mist ihre wertvolle Zeit vergeudet hätte. So landete der Film in der Abstellkammer und Saxon wandte dem Spielfilm den Rücken zu und drehte Dokumentationen oder arbeitete als Cutter. 17 Jahre später recherchierte Darrell Buxton für sein Web-Projekt Pass The Marmalade nach obskuren britischen Horrorfilmen und fand ein kurzes Review des Films aus der Feder des umtriebigen Kim Newman, welches er aber für einen Hoax hielt. Ein Freund von Saxon Logan fand den Text im Netz, informierte den Regisseur, und bald darauf wurde die Kopie aus der Abstellkammer geholt und u.a. auf dem Festival of Fantastic Films in Manchester vor einem begeisterten Publikum gezeigt. Späte Gerechtigkeit.



Seit 2013 gibt es den Film auch als DVD/BluRay in der ambitionierten "Flipside"-Reihe des British Film Institute. Neben dem Film sind auf der Scheibe auch Saxon Logans bemerkenswerte frühe Kurzfilme aus den 70ern, ein ausführliches, streckenweise verdammt rührendes Interview mit dem Regisseur, sowie der großartige, hier bereits lobend erwähnte The Insomniac von Rodney Giesler enthalten. Das ist eine vortreffliche Investition, lieber Leser, und kostet momentan nicht mal viel.

... link (0 Kommentare)   ... comment