Sonntag, 26. Dezember 2010
Arcana
Italien 1972, Regie: Giulio Questi



Der Mann der schönen Frau Tarantino war U-Bahn-Arbeiter und ist tödlich verunglückt. Zusammen mit ihrem Sohn lebt sie in einem heruntergekommenen Wohnblock in Mailand und da die Entschädigung nicht wirklich zum Leben reicht, verdient sie zusätzliches Geld als Medium und Wahrsagerin. Während sie aber alles nur vorspielt, hat ihr Sohn tatsächlich übernatürliche Fähigkeiten und zu spät erkennt sie, daß sie ein Monstrum geschaffen hat...



Der Film beginnt mit einem Warnhinweis: „Dieser Film ist keine Geschichte, sondern ein Kartenspiel.“ Was zunächst vielleicht ein wenig übervorsichtig bezüglich der damaligen Sehgewohnheiten scheint – der Film reiht einige in Stimmung und Atmosphäre höchst unterschiedliche Sequenzen aneinander – wird gegen Ende hin verständlich, denn was das alles zu bedeuten hat, ist zumindest bei einer Erstsichtung kaum herauszufinden. Äußerst gelungen und eigenwillig ist jedenfalls die Kontrastierung der eher an Horrorfilmen orientierten Séance-Sequenzen und den Streifzügen des Sohnes durch die urbane Tristesse gelungen. Bei letzteren wird eine beißende Sozialkritik transportiert, vor allem in der Szene, in der unser Protagonist sich in der Schlange für die Stütze anstellt und Leute mit Anzug wahllos den ein oder anderen Antragssteller präventiv als Betrüger abführen.



Dazu gesellt sich ein ganzer Haufen unangenehmer, unvorhersehbarer Spitzen, die meist mit der Sexualität des Sohnes zusammenhängen. Ein faszinierender und verstörender Trip, der höchstens ganz am Ende vielleicht ein bißchen zu sehr aus dem Ruder läuft. Anbei noch zwei Sequenzen aus dem zweiten Teil des Films – in der ersten gibt es Berto Pisanos schmissiges Titel-Thema zu hören, während die zweite verblüffende Parallelen zum erst ein Jahr später erschienenen The Wicker Man aufweist.

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Sonntag, 26. Dezember 2010
Traum vom Ende der Welt
Die Apokalypse hängt zusammen mit einer Party, die ein Kommilitone von mir gibt. Seine Wohnung ist irgendwie anders, als ich sie in Erinnerung habe und im Haus gibt es direkt nebeneinander zwei kleine Fahrstühle, in die höchstens zwei Leute reinpassen. Draußen steht ein Typ fast drei Stunden unbeweglich auf dem Bürgersteig und starrt in den Himmel, während Siebenjährige Schaufenster demolieren. Auf der Feier kenne ich keinen, und der Gastgeber bietet mir obskure Drogen an. Im Badezimmer erscheint mir der Geist meines verstorbenen Lateinlehrers, und teilt mir drei junge Frauen zu, mit deren Hilfe ich die Welt retten soll. Während ich mich noch darüber freue, daß diese alle über prächtige Brüste verfügen, bekomme ich ein Maschinengewehr in die Hand gedrückt, um den Rest der Menschheit, der scheinbar auf verschiedene Arten und Weisen verrückt geworden ist, aus der Wohnung fernzuhalten. Meine Mitstreiterinnen und ich fahren mit den Mini-Aufzügen hinunter und ballern in die Menge, wir haben aber nicht genügend Munition für alle Verrückten und entscheiden uns dann zum Rückzug. Als wir mit dem Aufzug wieder hinauffahren wollen, stellen wir fest, daß die Mädchen aus dem gegenüberliegenden Aufzug die Attacke scheinbar nicht überlebt haben und vehement verbluten. Dann wache ich auf.

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Freitag, 24. Dezember 2010
Great Expectations
Geheimnisvolle Erbschaft, GB 1946, Regie: David Lean



Der Waisenjunge Pip wohnt bei seiner grausamen älteren Schwester in einer Hütte nahe den Sümpfen. Als er eines nachts das Grab seiner Eltern besucht, begegnet ihm auf dem Friedhof ein entflohener Sträfling, der ihn zwingt, eine Feile und Essen zu besorgen. Ängstlich kommt Pip seinen Wünschen nach, bald darauf wird der Strafgefangene aber wieder von der Polizei gefasst. Unser junger Held soll derweil seine Aufwartung bei der reichen Miss Havisham machen, in deren riesigen, verfallenem Haus auch ein bildschönes junges Mädchen namens Estella wohnt. Pip verliebt sich in sie, nicht ahnend, daß die verbitterte alte Dame Estella zu einem Werkzeug erzieht, um sich an der Männerwelt zu rächen. Sechs Jahre später sendet ein Unbekannter die nötigen finanziellen Mittel, um Pip in London zu einem Gentleman zu erziehen...



Die Verbindung Dickens & Weihnachten findet ja meistens über „A Christmas Carol“ und dessen zahlreiche Verfilmungen statt. Bei mir wurde dieser Bund hauptsächlich dadurch geknüpft, daß der Sender VOX irgendwann in den Neunzigern am 2. Weihnachtstag die mehrteilige BBC-Verfilmung von „Little Dorrit“ zeigte, mit dem wundervollen Derek Jacobi in die Hauptrolle. Eher zufällig beim zappen drauf ausgekommen, verfolgte ich die Geschichte wider jede Vernunft bis 6 Uhr morgens, und wollte trotzdem mehr von dem Stoff.



Weitere BBC-Verfilmungen konnten ebenfalls begeistern, doch dieser Film von David Lean nahm schon bald den Thron der besten Dickens-Adaption ever ein und sitzt in meiner persönlichen Rangliste immer noch da: Hier stimmt einfach alles, von der exzellenten Kameraarbeit über die Ausleuchtung und Ausstattung bis zu den beeindruckenden Leistungen der charismatischen Darsteller. Bei jeder Sichtung verliebe ich mich erneut.

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