Montag, 3. Februar 2014
The Tractate Middoth
GB 2013, Regie: Mark Gatiss



Als ein älterer Herr in einer Universitätsbibliothek nach einem seltenem hebräischem Traktat fragt, informiert ihn der junge Bibliothekar, daß gerade ein Geistlicher genau das selbe Buch studiert, worauf der Kunde den Platz panikartig verläßt. Am nächsten Tag kommt er wieder, und als der Bibliothekar das Buch für ihn holen will, ist der seltsame Vikar plötzlich auch wieder da...



Sehr schön, daß die BBC ihr Format "Ghost Story for Christmas" immer wieder aufgreift: Hier nun eine weitere Adaption einer Erzählung des großartigen M.R. James, die formal und darstellerisch nichts zu wünschen übrig läßt. Neben dem üblich leisen, vieles im Dunklen lassenden Grauen des Autors überzeugen hier auch die Set Pieces im frühen 20. Jahrhundert sowie die bis in die kleinste Nebenrolle perfekte Besetzung mit Charakterköpfen, die der Erzählung noch feine Nuancen hinzufügen.



Über den Autor und Regisseur Mark Gatiss muß man sich schon ein bißchen wundern: Der haut ja qualitativ hochwertige Drehbücher (u.a. für "Sherlock" und "Dr. Who") raus, wie andere Leute Einkaufslisten, dreht nebenher noch Dokumentationen und ist als Schauspieler aktiv. Ein Bündnis mit finsteren Mächten halte ich hier für sehr wahrscheinlich.

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Montag, 27. Januar 2014
Live-Audiokommentar XXXIV: Katzenjammer in der Schreckenskammer


Beim nächsten Überraschungsfilm, der wie üblich in der Aachener Raststätte live kommentiert wird, darf sich wieder gefürchtet werden. Gast ist diesmal Nadja Lambacher.

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Montag, 13. Januar 2014
In den Krallen des Hofbauer-Kommandos: Die letzte Nacht


Auch außerordentliche Filmkongresse gehen einmal zu Ende und der letzte Tag wurde mit DIE BEUTE (Frankreich/Italien 1966, Regie: Roger Vadim) eingeleitet. Jane Fonda ist die neue junge Frau des Reichen Michel Piccoli, verliebt sich aber in dessen Sohn, und so was kann schon mal problematisch werden. Wie vom Regisseur gewohnt, setzt er auch in dieser Zola-Adaption weibliche Reize gekonnt ins Bild und vermag den Zuschauer mitzuziehen, auch wenn man sich ein paar mehr visuelle Höhepunkte gewünscht hätte. Es folgte ein weiterer kurzer "Kulturfilm", diesmal über EROTISCHE TEMPELRITUALE IN JAPAN (Land, Jahr und Regie ungewiß), der interessantes über phallische Kulte zu erzählen wußte und auf den nächsten Hauptfilm überleitete.



In UNGEZÄHMTE EROTIK (Japan 1968, Regie: Shinya Yamamoto) wird die prominente Schauspielerin Reiko von einem schmierigen Schurken und seinem Onkel erpresst, zunächst mit Fotos, die ein exaktes Double von ihr beim Ladendiebstahl zeigen. (Vielleicht war die Geschichte mit Winona Ryder auch nur ein Mißverständnis.) Doch mit einer Zahlung ist die Sache noch nicht aus der Welt, die Ganoven schaffen es immer wieder, Reiko neu zu kompromittieren, bis sie sich entschließt, zurückzuschlagen. Ein in äußerst stimmige schwarz-weiß-Bilder getauchter Erotikthriller, der auch durch sein Arsenal von Nebenfiguren bei Laune hält. Traurig allerdings der Umstand, daß die japanische Originalfassung verschollen ist und die hier gezeigte Kopie in deutscher Synchronfassung (inkl. Japanern, die "Mahlzeit" sagen) schon vom Essigsyndrom befallen ist und ohne Restaurierung wohl auch nicht mehr lange überleben wird. Statt in Lethargie zu versinken, gab es danach aber erstmal wieder ordentlich auf die Augen - mit NEW YORK CITY INFERNO (Frankreich 1978, Regie: Jacques Scandelari) wurde der erste schwule Porno im Rahmen des Kongresses gezeigt, und der hatte es in sich: Fast schon dokumentarisch-authentisch begleiten wir den französischen Protagonisten auf der Suche nach seinem Geliebten in der pulsierenden Szene New Yorks, in der sich in zahlreichen Clubs und auch in schäbigsten Ecken die Gelegenheit zum Sex ergibt. Das Ganze kulminiert in einer unfassbar hypnotischen Orgiensequenz, die alle denkbaren sexuellen Handlungen zum kakophonischen Sound einer deutlich von SUICIDE beeinflußten New Wave-Band namens "Stigmata Hari" (über die ich noch nichts weiteres herausfinden konnte, außer, daß die Sängerin mit dem 1979 erschossenen Robert Opel befreundet war, der bei der Oscar-Verleihung 1974 nackt über die Bühne rannte) abbildet. Eine beeindruckende Erfahrung.



Der folgende Film wurde von zahlreichen Kongressteilnehmern schon heftigst herbeigesehnt, war es doch gelungen, mit GEHEIME LÜSTE BLUTJUNGER MÄDCHEN (Deutschland 1978, Regie: Jürgen Enz) eine weitere 35mm-Kopie des jüngst wiederentdecken deutschen Regisseurs in die Nürnberger Nacht projizieren zu können. Schon recht bald ward klar, daß hier ein komödiantischer Ton überwiegt mit dem kurzsichtigen Diener Pepi, dem schwyzerdütsch sprechenden Hausmädchen Mitzi und dem leicht debil dreinblickenden Graf, der mit dem Fahrrad ins Dorf fährt, um Besorgungen machen, während die weibliche Bevölkerung es eher von ihm besorgt haben will. Was freilich später passiert, dazu muß der Graf sich aber in die Verkleidungen seiner Ahnen schmeissen. Einzelne Details sorgten schon früh für Hochstimmung (die Zigarettenmarken und Zeitungsschlagzeilen am Dorfkiosk!), aber spätestens bei einem ins Extreme übersteigerten Türklinkenwitz klagten einige Zuschauer über Bauchschmerzen vor Lachen. Was bei einer Komödie ja nun nicht verkehrt ist.

Das waren schöne Tage und Nächte! An dieser Stelle erneuter Dank an die enthusiastischen Organisatoren und auch den anderen Teilnehmern: Selten sitzt man mit so vielen netten Leuten zusammen im Kino. Deutlich gemacht hat dieser Kongress aber auch mal wieder, daß mit dem zunehmendem Verschwinden der 35mm-Projektion nicht nur durch die Art der Vorführung und der Beschaffenheit des Materials ein entscheidendes Merkmal der Kinokultur verloren zu gehen droht - auch zahlreiche Filme, die nie im Fernsehen, auf VHS oder DVD ausgewertet wurden, werden bald gar nicht mehr zu sehen sein. Dem gilt es, entgegenzusteuern.

Zu den gezeigten Filmen gibt es auch wesentlich ausführlichere Texte als meine, etwa von Oliver, Thomas, Lukas, Udo, Michael und Michael. Weitere werden bestimmt noch folgen.

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