Samstag, 27. März 2010
Enchanting Shadow
Chen nu yu hun, Hong Kong 1959, Regie: Li Han-Hsiang



Vermutlich die erste Farbversion der populären Geschichte von P'u Sung-Ling, die später auch die Vorlage zu Chinese Ghost Story wurde. Und wie bei vielen frühen Farbfilmen wurde sich hier richtig Mühe gegeben mit Dekor und Beleuchtung, der ganze Film ist eine Augenweide und selbst die sonst möglicherweise kitschig wirkenden Liebesszenen steckt man bei dieser Farbenpracht gerne ein. Interessant ist vor allem, wie stark er sich in Stimmung und Inszenierung von den gleichzeitig in Japan entstandenen „Kaidan Eigas“ unterscheidet, wiewohl er wie diese stilistisch eine große Affinität zum westlichen Horrorkino der Periode (Bava, Hammer, Corman) zeigt.



Einige Elemente erinnern mich sogar stark an die erst später entstandene „Wurdalak“-Episode aus I tre volte della paura, andererseits spielen hier humoristische Elemente eine größere Rolle, und es wird auch ein bißchen gesungen. Während man visuell auf dem Stand der Zeit ist, macht der von einem Theremin dominierte Score doch eher den Eindruck, er stamme aus einem 40er Jahre-Film. Vor allem der wiederkehrende engelsgleiche Chor hat mich sehr an Powell/Pressburger erinnert. Einige Details können zwar nicht wirklich überzeugen, zum Beispiel wirkt die oft heulende Frau heutzutage etwas übertrieben und die Überraschung des Protagonisten kann aufgrund des hohen Bekanntheitsgrad des Plots auch nicht wirklich transportiert werden, aber für diese Zähne der Zeit kann der Film nichts. (Auch nicht dafür, daß auf der Celestial-DVD neben dem falschen Bildformat auch verschiedenes Ton-Ausgangsmaterial zusammen geschmissen und einige Soundeffekte hinzugefutelt wurden.) Er ist, so wie er ist, einfach wunderbar und bietet ohne handwerklichen Makel ein Schatzkästlein an kleinen, aber feinen Ideen. Ich mag vor allem das Loch in der Wand im Schlafraum des Magisters.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 23. März 2010
Brugge, die stille
Brügge - Die Stille, Belgien 1981, Regie: Roland Verhavert



Kurz nach ihrem 30.Geburtstag stirbt die schöne Blanche: Ihr Ehemann wandelt traurig und verbittert durch die Straßen, bis er eines Tages einer Ballett-Tänzerin begegnet, die Blanche bis aufs Haar gleicht...



"Brügge ist keine Stadt. Brügge ist ein Traum, ein Phantom, ein Bühnenbild." – "Brügge ist tot." Mit der "toten Stadt" als Location kann eigentlich nicht viel schief gehen. Diese fünfte Verfilmung von Georges Rodenbachs Novelle (die auch Boileau/Narcejac zur Vorlage von Vertigo inspiriert hat und von der es auch eine Korngold-Oper gibt) macht recht deutlich, daß die eigentliche Hauptfigur die Stadt Brügge ist. Das oft zu hörende Glockengeläut hat mich - wie die allgemeine Stimmung - mal wieder an De Komst van Joachim Stiller erinnert. Im Kontrast zu den vielen herrlichen Aufnahmen des einsamen Hugues, wie er durch die alten Straßen der Stadt wandert, stehen die in Verhaverts naturalistischem Stil für meinen Geschmack etwas zu hell ausgeleuchteten Innenaufnahmen, die manchmal an eine Fernsehproduktion erinnern. Die Musik von Debussy ist für sich genommen hervorragend, paßt aber leider nicht immer zu den Bildern. Ansonsten gibt es hier aber nichts zu meckern.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 15. März 2010
Zaboraveni
The Forgotten, Mazedonien 1995, Regie: Mladen Krstevski



Ein abgelegenes Dorf ist in heller Aufregung: Soll doch eine Studentin aus der Großstadt kommen, um im nahegelegenen Kloster Forschungen zu betreiben. Das Kloster soll angeblich auf den Überresten eines älteren Klosters entstanden sein. Doch sie entdeckt ein ganz anderes Geheimnis...



Fängt diese Fernsehproduktion noch wie eine recht zotige Komödie an, incl. einem ständig furzendem Kind, einem Dorftrottel, der ohne Hosen einer Matrone nachsteigt, gesellt sich dazu dann doch noch eine Art Horror-Plot sowie zahlreiche Elemente der politischen Satire, wenn z.B. die Dorfbewohner nicht wissen, welches jetzt die angemessene Fahne für eine Beerdigung ist, oder auf den Satz "Even the sun isn't as red as it used to be" das Coca-Cola-Logo den Himmelskörper ziert. Das Ganze ist schon ein recht bizarrer, aber unterhaltsamer Mischmasch, da auch Locations und Beleuchtung ein ganz eigenes Flair haben, das ich so noch nicht zu sehen bekommen habe. Die Horrormomente sind dabei relativ straight gehandhabt, aber schlußendlich scheint es niemanden zu interessieren, was mit der "Heldin" passiert: In der vorletzten Einstellung scheint die Coca Cola-Sonne noch mal auf das furzende Kind.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 11. März 2010
Nazareno Cruz y el Lobo
Argentinien 1975, Regie: Leonardo Favio



Es warnt eine Hexe über eine Doppelbelichtung von Berg und Himmel herab, daß der Vater die Geburt eines siebten Sohnes verhindern soll, denn dieser sei verflucht, ein Werwolf zu werden. Der Vater ertrinkt aber zur gleichen Zeit mit den anderen Kindern und auch Gebete nach einem Mädchen werden nicht erhört: Ein Junge wird geboren und zur Sicherheit wird ihm der Name Nazareno Cruz gegeben. Der Junge entwickelt sich zu einem gar prächtigen Burschen, hübsch, fleissig, stark und bei Vollmond auch nicht anders als die anderen. Er verliebt sich in die schöne Griselda, da taucht ein Fremder im Städtchen auf und warnt ihn, jetzt, da die Liebe sein Blut in Wallung gebracht hat, würde auch sein Dasein als Wolf beginnen. Noch hätte er aber die Möglichkeit, sich gegen die Liebe zu entscheiden, zur Belohnung bekäme er dafür auch noch Unmengen von Gold. Der gescheite Nazareno merkt schnell, wer es ist, der ihm dieses Angebot macht und lehnt dankend ab. Sein Schicksal scheint damit besiegelt...



Einer der erfolgreichsten Filme in Argentinien basiert auf einer Radioserie und erinnert trotz des Werwolfs-Sujets weniger an einen Horrorfilm als an eine in opulenten Bildern umgesetzte Volkssage. Vor allem der Himmel über der Pampas wird in einigen prächtigen Totalen eingefangen, dann gibt es aber auch noch eine eindrucksvolle Unterwasser-Sex-Szene sowie den Abstieg in eine von Hieronymus Bosch-Gemälden inspirierte Unterwelt. Dies, sowie der häufige Einsatz von SloMo und Filtern bei den Nachtszenen machen den Film alles andere als realistisch, aber das will er auch gar nicht sein. Schon alles äußerst schön anzusehen, und neben den Hauptdarstellern können auch die vielen markanten Gesichter unter den Dorfbewohnern überzeugen. Ein Problem bei einer Sichtung in der heutigen Zeit dürfte allerdings die Verwendung des Instrumental-Hits "Soleado" (hierzulande eher bekannt in der Version "Tränen lügen nicht") während zweier zentraler Szenen sein.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 5. März 2010
König Stachs wilde Jagd
Dikaya ochoty Korolja Stacha, Sowjetunion 1979, Regie: Waleri Rubintschik



Trotz einiger klassischen unheimlichen Motive handelt es sich hier nicht wirklich um einen Horrorfilm, für einen Märchenfilm kommt das Ganze aber auch wesentlich zu erwachsen daher. Was den Film ziemlich heraushebt, ist seine Stimmung, die man zwar düster und melancholisch nennen könnte, aber hauptsächlich einfach „traurig“ zu sein scheint. Ein Student flüchtet sich während eines Unwetters auf ein abgelegenes Schloß und verliebt sich in die höchst zerbrechlich wirkende Schloßherrin. Bald kommen ihm auch die Geschichten zu Ohren, die sich um die Familie seiner Liebsten, das Schloß und den Sumpf drumherum ranken, und kurze Zeit später erfährt er sie bereits an eigenem Leibe...



Die rationale Auflösung ist zwar etwas enttäuschend, aber in Anbetracht von Enstehungsland und –zeit nicht sehr verwunderlich, nichtsdestotrotz verbreitet der Film über seine gesamte Laufzeit eine wundervolle traumähnliche Atmosphäre. Bei Innen- und Außenaufnahmen dominieren Brauntöne und die Kamerafrau nutzt zwar zuweilen recht plakative Mittel, macht aber einen feinen Job. Vor allem die Szene, in der der durch eine trostlose Landschaft wandernde Protagonist zum ersten Mal auf die „wilde Jagd“ trifft, ist zwar recht einfach gestaltet, aber verdammt effektiv. Und es gibt einige Sequenzen, die sich der möglicherweise oktroyierten Rationalität zu widersetzen scheinen – relativ zu Anfang sehen wir die Schloßherrin vollkommen nackt auf dem Speicher in einem Meer von weißen Hühnerfedern, während ihre Magd Beschwörungsformeln aufsagt. Ein Film, in den man versinken kann.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 1. März 2010
Tony
GB 2009, Regie: Gerard Johnson



Arbeitslos vegetiert Tony im Norden Londons so vor sich hin. Da er kein Geld für einen DVD-Player hat und auch ein wenig das Zeitgefühl verloren zu haben scheint, verbringt er die meisten Abende damit, VHS-Kassetten mit Actionfilmen anzuschauen. Manchmal geht er auch raus, Kontakt mit der Gesellschaft suchend. Die Leute im Arbeitsamt, Nachbarn und potentielle Arbeitgeber sind aber alles Arschlöcher. Dann und wann gelingt es ihm, einen jungen Mann mit nach Hause zu nehmen, den er dann meist ermordet, um mit der Leiche zusammen VHS-Kassetten mit Actionfilmen anzuschauen...



Als ich vor einigen Jahren Brian Masters' Buch „Killing for Company“ über den Fall des Serienmörders Dennis Nilsen las, dachte ich, diese Geschichte würde eine gute Basis für einen „etwas anderen“ Serienmörderfilm abgeben. Offensichtlich war ich nicht der einzige, der das dachte, denn bereits 1989 entstand mit Cold Light of Day eine Low-Budget-Verfilmung, die aber relativ schwer aufzufinden ist. Tony gibt sich zwar vollkommen als Fiktion aus, die Parallelen zum Fall Nilsen sind aber ziemlich offensichtlich. Die Gründe für diese Vorgehensweise mögen rechtlicher Natur gewesen sein, vielleicht nahm man auch absichtlich Modifikationen vor, um noch ein paar bittere humoristische Elemente einzustreuen, die hauptsächlich durch die Weltfremdheit der Titelfigur erzeugt werden, die sich z.B. beim Prostituiertenbesuch denkbar dämlich anstellt und bei anderen Gesprächen an den unpassendsten Momenten Actionfilme zitiert. Durch ein passendes Händchen für die richtigen Locations und den elegischen Score aus der Feder von „The The“ gelingt es dem Film aber, eine eindringliche Atmosphäre von Armut, Trostlosigkeit und Einsamkeit zu schaffen. Hauptdarsteller Peter Ferdinando, der manchmal ein wenig an Gary Oldman erinnert, ist ebenfalls hervorragend.

... link (2 Kommentare)   ... comment


Samstag, 27. Februar 2010
La Residencia
The House that screamed / Das Versteck, Spanien 1969, Regie: Narciso Ibáñez Serrador




Die 18jährige Thérese wird Ende des 19. Jahrhunderts auf ein französisches Mädcheninternat gebracht, das einen guten Ruf genießen soll und sich auf „schwierige Mädchen“ spezialisiert. Die Direktorin (Lilli Palmer) führt die Schule mit eiserner Hand – wer nicht pariert, muß mit entsprechenden Strafen rechnen. Besonders empfindlich reagiert sie darauf, wenn eines der Mädchen Kontakte zu ihrem Sohn pflegt, der ebenfalls im Internet, äh, Internat wohnt. Merkwürdig, daß gerade diese Mädchen Wege finden, die Institution frühzeitig verlassen zu können, allein, nach ihrer Flucht hört man nichts mehr von ihnen...



Stilsicherer Horrorthriller der alten Schule, der mit einem reichlich bösartigem und nicht vorhersehbaren Ende daherkommt. Die Ästhetisierung der Mordszenen erinnert dabei an eine vor allem in Italien übliche Vorgehensweise, den „Mord als schöne Kunst“ zu betrachten. In der Tat fühlt man sich hier auch wegen dem Score oft an Dario Argentos späteren Suspiria erinnert. Der Regisseur war zuvor vor allem für die Horror-Fernsehserie „Historias para no dormir“ verantwortlich, in der unter anderem Stoffe von Edgar Allan Poe umgesetzt wurden. Die Serie litt aber ein wenig am eingeschränkten Budget – davon ist hier nichts mehr zu sehen, ein erlesener Cast tobt sich in prächtigen Scope-Bildern aus. Sehr zu empfehlen auch des Regisseurs späterer Quién puede matar a un Niño?, von dem erfreulicherweise vor einiger Zeit eine hervorragende deutsche DVD erschien.

... link (1 Kommentar)   ... comment


Donnerstag, 25. Februar 2010
Dead Time: Kala
Indonesien 2007, Regie: Joko Anwar



Die Stadt geht vor die Hunde: Ein wütender Mob zündet am hellichten Tag 5 Menschen an, eine schwangere Frau wird scheinbar gleichgültig mehrmals überfahren. Die einzigen, die diese Geschehnisse nicht kalt lassen, sind ein junger, noch idealistischer Polizist und ein narkoleptischer Reporter. Letzterer findet auch heraus, daß all diese Ereignisse in einem Zusammenhang zu stehen scheinen, der auf eine Verschwörung oder gar das Wirken übernatürlicher Kräfte hindeutet...



Schon bei der Erstsichtung beim schmerzlich vermißten Cineasia-Festival in Köln konnte mich der Film ja schon ziemlich begeistern, die Mischung aus Neo-Noir, Endzeitthematik und einem nicht zu übersehendem Einfluß des europäischen Horrorfilms ist einerseits verdammt prächtig in Szene gesetzt und kann andererseits durch seine ungewöhnliche Story einen veritablen Spannungsbogen aufbauen. Das Ende hatte mich ziemlich vor den Kopf gestoßen und dürfte den ein oder anderen Zuschauer vielleicht sogar wütend machen, man kann ihm aber nicht vorwerfen, daß es auch nur irgendwie vorhersehbar wäre. Bei der Zweitsichtung fügte es sich dann etwas harmonischer ein, da es hier und dort in Details schon angekündigt wird. Die eigenwillige Schönheit der Bilder konnte mich auch diesmal direkt wieder gefangen nehmen. Jetzt bin ich umso schärfer auf Joko Anwars neuesten Film, Pintu terlarang/Forbidden Door, den es momentan aber scheinbar nur als indonesische DVD ohne Untertitel gibt.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 22. Februar 2010
The White Reindeer
Valkoinen peura, Finnland 1952, Regie: Erik Blomberg



Lappland, vor langer Zeit: Als ihr Mann nach mehreren Tagen nicht vom Rentier-Hüten zurückkehrt, sieht eine junge Frau in der Einsamkeit ihrer entlegenen Hütte in der weiten, schneebedeckten Steppe keine andere Alternative, als die schwarze Magie zu Hilfe zu nehmen. Dies hat aber ungeahnte Konsequenzen: An manchen Tagen verwandelt sie sich in ein weißes Rentier, und in den Nächten bekommt sie ungehemmten Appetit auf Männerblut...



Wer sagt eigentlich, daß es in unheimlichen Filmen immer irgendwie dunkel sein muß? Der von Tierknochen gesäumte Friedhof in der grellen, hellen, weißen Einöde kann einem auch eine ordentliche Gänsehaut verpassen, auch wenn man sagen muß, daß der Film eine zu entrückte Stimmung aufbaut, um als richtiger Horrorfilm durchzugehen. Die expressiven Bilder erinnern oft an die Stummfilm-Ära und besonders viele Dialoge gibt es nicht, was schon recht entgegenkommend ist, wenn man kein finnisch versteht. Stattdessen gibt es Panorama-Aufnahmen von weiter, weißer Landschaft satt, unterlegt von sphärischer Musik, ein Trip in eine karge und fremde, aber wunderschöne Welt.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 19. Februar 2010
El libro de piedra
The Book of Stone, Mexiko 1969, Regie: Carlos Enrique Taboada



Julia tritt einen neuen Job als Gouvernante für die Tochter eines Millionärs auf einem einsamen Landsitz an. Der Vater warnt sie jedoch gleich, daß das Mädchen Silvia nicht einfach ist, vor allem erzählt sie andauernd von ihrem imaginären Freund Hugo. Dieser wurde wohl inspiriert von einer Statue im Garten, die einer der früheren Besitzer der Villa vor vielen Jahren aus Österreich mitgebracht hat. Als sich mehrere unheimliche Ereignisse häufen, fragt sich auch die skeptische Julia, ob Hugo tatsächlich nur eine Statue ist...



Meisterhaft inszenierter Horror der subtilen Art, der neben „The Turn of the Screw“ von Henry James noch zahlreiche weitere Motive verarbeitet und ein Ende zu bieten hat, das einen ziemlich aus den Socken haut. Regisseur Taboada ist zu unrecht außerhalb Mexikos kaum bekannt, lieferte er doch noch zahlreiche andere herausragende Filme ab: So den bavaesken Mädcheninternats-Horror Hasta el viente tiene miedo (dessen Remake auch recht brauchbar ausgefallen ist), den Katzenschocker Más negro que la noche und den wunderbaren Veneno para las hadas, bei dem auch wieder Kinder und schwarze Magie eine Rolle spielen. Ich plädiere für eine Werkausgabe, ein Museum, mehrere Straßennamen! Die Filme in guter Bildqualität mit Untertiteln würden mir aber auch erst einmal reichen.

... link (0 Kommentare)   ... comment