Donnerstag, 18. Februar 2010
Thomas Ligotti: Das Alptraum-Netzwerk
In der Phantastikszene ist der Amerikaner Ligotti längst kein Unbekannter mehr, es ist aber nicht damit zu rechnen, daß sein Name irgendwann mal auf den Bestsellerlisten auftaucht, denn dazu ist seine Prosa zu eigenwillig. Es ist überhaupt nicht weit hergeholt, wenn der Autor neben den offensichtlichen Poe und H.P. Lovecraft auch Thomas Bernhard als Vorbild angibt, denn neben den übernatürlichen Elementen finden sich in seinen Erzählungen auch zahlreiche Spuren dieses „inneren“ Grauens, daß sich in der Angst vor der eigenen Leere und Bedeutungslosigkeit, aber auch in der Ablehnung zu Kontakten nach außen, zu anderen Menschen, manifestieren kann. Die zentrale Erzählung dieser Zusammenstellung, „Meine Arbeit ist noch nicht erledigt“, macht diese Melange sichtbar, beginnt sie doch in einem für Ligotti ungewöhnlich sachlichen Stil, der mit seinen Beschreibungen des von Mobbing und Egoismus beherrschten Alltags in den Büroräumen einer großen Firma an Chuck Palahniuks „Fight Club“ und die Verfilmung von David Fincher erinnert. Doch nach eine Weile merkt der Leser, daß auch dieses Büro trotz seiner scheinbaren Normalität auch nur ein Platz in dem bekannten düsteren Ligotti-Universum ist, der sehr perfide getarnt wurde. Auch die weiteren Erzählungen dieses Bandes erschaffen gekonnt eine bedrohliche Atmosphäre des Unwirklichen, hinter der die Realität zwar immer wieder zum Vorschein kommt, aber mit anderen Augen betrachtet werden muß. Dieses Spiel mit der subjektiven Wahrnehmung ist wie die stilistische Finesse eine von vielen Façetten, die das Werk Ligottis so faszinierend macht. Anders als bei vielen anderen zeitgenössischen Horror-Autoren schwingt die Stimmung dieser Prosa noch lange nach, nachdem man die letzte Seite gelesen und das Buch geschlossen hat.

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