Montag, 7. November 2011
Jack Be Nimble
Neuseeland 1993, Regie: Garth Maxwell



Von ihrer alkoholkranken Mutter nach einem Nervenzusammenbruch zur Adoption freigegeben, werden die Geschwister Jack und Dora getrennt. Während Dora bei einem liebenswerten Mittelklasse-Ehepaar landet, wird Jack von einer Bauernfamilie adoptiert, die ihn nicht nur zu harter Arbeit zwingt, sondern auch täglich wegen Nichtigkeiten schwer verprügelt. Als beide ins Teenageralter kommen, plant Jack die Flucht, während Dora bemerkt, daß sie über telepathische Fähigkeiten verfügt, die sie mit ihrem Bruder verbindet...



Wundervoll eigenwillige Mischung aus Drama und Horrorfilm, die wohl am ehesten mit den frühen Filmen Philip Ridleys wie The Reflecting Skin zu vergleichen ist. Die Parallelen bestehen nicht nur aus der melancholischen Grundstimmung, sondern auch dem Hang zu einem modernen magischen Realismus: Immer wieder geschehen wunderliche und irrationale Dinge, die von den Protagonisten aber nicht weiter hinterfragt werden. So gelingt Jack die Flucht aus der Bauernhölle mittels einer selbstgebauten Hypnosemaschine (!) und seine stets gemeinsam auftretenden vier neuen Schwestern sind auch nicht ohne. Die ein oder andere Telepathieszene ist vielleicht ein wenig zu sentimental geraten, werden aber vom überraschenden Finale wieder ausgeglichen. Der Umstand, daß Hauptdarsteller Alexis Arquette mittlerweile eine Frau ist, paßt auch ganz gut zu all der Schrägheit. Fein.

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Sonntag, 6. November 2011
Dawn of an Evil Millenium


Jetzt im Handel: Der von Jörg van Bebber herausgegebene vortreffliche Sammelband "Dawn of an Evil Millennium", der auf knapp 700 Seiten Beiträge von knapp 100 Autoren zum Thema "Horror / Kultur im neuen Jahrtausend" präsentiert. Der Schwerpunkt liegt hier auf Film, der in einer erfreulichen Bandbreite präsentiert wird, aber auch Literatur, Fernsehserien, Comics, Videospiele und vieles andere wird behandelt. Neben geschätzten Kollegen wie Thomas Groh, Stefan Höltgen, Florian Reinacher, Marcus Stiglegger, Jochen Werner und vielen anderen bin auch ich mit einem Beitrag zur "Mise en abyme im aktuellen asiatischen Horrorkino" am Beispiel des thailändischen The Victim vertreten. Das komplette Inhaltsverzeichnis findet man hier und bestellen kann man beim Büchner-Verlag. Eine Investition, die sich lohnt, würde ich mal meinen.

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Dienstag, 1. November 2011
Dark Souls
Mørke sjeler, Norwegen/Frankreich 2010, Regie: César Ducasse / Mathieu Peteul



Der Musiklehrer Morten staunt nicht schlecht, als ihn die Polizei anruft und ihm mitteilt, seine Tochter Johanna sei brutal ermordet worden - ob er den Leichnam identifizieren könnte. Johanna ist nämlich gerade nach Hause gekommen und sitzt vor dem Computer. Allerdings macht sie einen apathischen Eindruck und übergibt bald Unmengen einer öligen schwarzen Flüssigkeit. Die Ärzte stehen ebenso vor einem Rätsel wie die Polizei, gibt es doch bald zahlreiche ähnliche Fälle, in denen die Opfer brutal überfallen werden, mit einer Bohrmaschine ein Loch in den Schädel gebohrt bekommen, und trotz klinischen Todes immer wiederkommen, im selben Zustand wie Johanna...



Oha! Als ich die Plotbeschreibung las, dachte ich: Das klingt ja durchaus originell und interessant und glücklicherweise bleibt der Film das auch über seine gesamte Laufzeit. Er erzählt gleich zwei Geschichten: Einen Horrorthriller über die Suche nach dem bizarren Serientäter, aber auch ein Drama über die bedingungslose Liebe Mortens zu seiner Tochter trotz ihres bedauernswerten Zustands.



Die zum Ende hin etwas zunehmenden humoristischen Elemente wollen nicht so ganz zu dem tragischen Handlungsfaden passen, auch einige konventionelle Szenen, die an Zombiefilme (welche mir gerade mal wieder zu den Ohren herauskommen) erinnern, stören ein wenig, aber einem anderen eindeutigen Vorbild, dem japanischen Geisterfilm, wird sogar mit einem direkten Zitat aus Kobayashis wundervollem Klassiker Kwaidan Tribut gezollt, und darüber kann man sich freuen. Wie grundsätzlich über den Umstand, daß auch heute noch Horrorfilme entstehen können, die nicht nur durch unheimliche und unbehagliche Szenen punkten können, sondern auch durch eine ideenreiche Story, die zwar bekannte Elemente aufgreift (u.a. auch noch aus dem britischen Paranoia-Klassiker Quatermass 2) diese aber geschickt neu verbinden. Empfehlung!

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