Dienstag, 28. Mai 2013
La redevance du fantôme
Frankreich 1965, Regie: Robert Enrico



Bei einem Spaziergang entdeckt der Theologiestudent Fanning ein verlassenes Haus, das eine merkwürdige Anziehung auf ihn ausübt. Noch merkwürdiger wird es, als ein alter Mann das Gebäude scheinbar regelmäßig für kurze Zeit aufsucht. Von seiner Vermieterin erfährt Fanning, daß dies Captain Diamond ist, der seine Tochter einst verstieß, woraufhin diese starb und begann, das Haus als Geist heimzusuchen. Aus Mitleid mit dem verarmten Vater zahlt der Geist jedoch Miete, da sonst niemand dort wohnen will...



Schön, auch einmal eine andere Geistergeschichte aus der Feder von Henry James verfilmt zu sehen, von The Turn of the Screw gibt es ja mittlerweile wohl genug Adaptionen. Der frühere Text The Ghostly Rental ist zwar nicht ganz so ausgereift, läßt aber auch ausreichend Raum für Ambivalenz - zumindest in dieser Verfilmung, die noch mit einem kleinem Subplot angereichert wurde. Die Spaziergänge des Protagonisten durch kahle Bäume, begleitet von den Klängen der Natur, erinnern stark an Enricos Bierce-Adaptionen Au coeur de la vie, der extravagante Stil ist in diesem Fernsehfilm aber etwas zurückgeschraubt.



Nichtsdestotrotz ist das alles hübsch anzusehen, sehr stimmungsvoll und die Entwicklung der Geschichte hält einen auch bei der Stange. Will ich mal hoffen, daß mir hier nicht wieder eine frühere polnische Adaption in die Finger kommt...

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Montag, 20. Mai 2013
Most
Bridge, Polen 1960, Regie: Janusz Majewski



Ich bin etwas irritiert. Robert Enricos La Riviére du hibou, der später auch für eine TWILIGHT ZONE-Episode verwendet wurde und den Weg in den Episodenfilm Au coeur de la vie fand, zählt zu meinen absoluten Favoriten des Kurzfilms, und da ich einst für meine gedisste Diss ein Einstellungsprotokoll anfertigte, kenn ich ihn in- und auswendig. Nun sah ich eine zwei Jahre früher entstandene polnische Adaption von Ambrose Bierces Erzählung "An Occurrence at Owl Creek Bridge" in der streckenweise fast einstellungsgenau die gleichen Bilder zu sehen sind.



Nun ist die Version von Janusz Majewski, der zahlreiche phantastische Stoffe für das polnische Fernsehen adaptierte und leider nur wenige Kinofilme wie den feinen Lokis realisieren konnte, mit 12 Minuten nur halb so lang wie Enricos Fassung, wobei die meiste Zeit bei der imaginierten Flucht des Protagonisten eingespart wird. Auch das Stilmerkmal der schleichenden Kamera findet sich hier nicht, aber die Parallelen bei der Inszenierung der Hinrichtung sind schon äußerst frappant, auch wenn die Soldaten hier Preußen und keine Südstaatler sind.



Natürlich kommt es vor, daß verschiedene Regisseure, gerade wenn sie den selben Stoff verarbeiten, zufällig die gleichen Ideen haben, aber das hier ist sich schon verdammt ähnlich, bei der Unterwasserszene bin ich mir nicht mal sicher, ob das Material nicht sogar vollkommen identisch ist und Enrico seinem Protagonisten auch deswegen ein ähnliches Aussehen und die gleiche Kleidung verpasste. Das müßte ich bei Gelegenheit nochmal genauer prüfen.



Und natürlich macht das La Riviére du hibou nicht zu einem schlechteren Film, aber: Ich bin etwas irritiert.

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Mittwoch, 15. Mai 2013
Maurice Renard: Der Doktor Lerne
Uff, für dieses Buch habe ich ganz schon lange gebraucht, was wohl hauptsächlich mit meiner spärlichen Lesezeit zusammenhängt - wie hier ganz unten beschrieben las ich der lieben Kollegin Silvia schon Mitte März bei einer Zugfahrt aus dem Roman vor, aber erst jetzt habe ich ihn auch ausgelesen. Ein bißchen Schwierigkeiten bereitete mir auch der Stil und vor allem die eher ungewöhnlich gesetzte direkte Rede, die den Lesefluss ein wenig hemmte.



Maurice Renard war ein lange Zeit vergessener Pionier der Science Fiction-Literatur, der als Autor erst in den 60er Jahren wiederentdeckt wurde, wiewohl er mit Les Mains d'Orlac eine beliebte Vorlage für einige Horrorfilme schuf, von denen vor allem Karl Freunds Mad Love durch die großartige Performance Peter Lorres zum Klassiker wurde. Transplantation ist auch hier Thema, aber es sind hier nicht nur die Hände, sondern alle möglichen Körperteile, und sie werden nicht nur von einem Menschen auf den anderen transplantiert: Verblüffend für einen Roman von 1908 fand ich zum Beispiel, daß der Ich-Erzähler zwei Kapitel erzählt, während sich sein Gehirn im Körper eines Stiers befindet. Auch sonst finden sich in der Geschichte noch zahlreiche erstaunliche Elemente, die ihrer Zeit durchaus voraus waren. Renards drei Jahre später entstandener Die blaue Gefahr (in Suhrkamps "Phantastischer Bibliothek" erschienen) gefiel mir alles in allem aber noch etwas besser, obwohl da kein böser deutscher Doktor namens Klotz vorkam.

Die oben abgebildete Taschenbuchausgabe aus dem Rowohlt-Verlag, die ich kurz vor Weihnachten 1987 aus der Ramschkiste der Mayerschen rettete (der Kassenbon lag noch drin) verfügt übrigens über sehr eigenwillige Illustrationen von Armin Stähle, die man nicht missen sollte, auch wenn sie die sexuellen Untertöne der Geschichte vielleicht etwas überbetonen.

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