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Donnerstag, 17. Oktober 2013
August in the Water
hypnosemaschinen, 00:30h
Mizu no naka no hachigatsu, Japan 1995, Regie: Sogo Ishii

Die angekündigte Dürre ist für die Stadt in den Sommermonaten nichts außergewöhnliches, in diesem August geschehen aber noch weitere merkwürdige Dinge: Gleich zwei Meteoriten stürzen in der Nähe ab und eine unbekannte Krankheit verbreitet sich, durch die immer mehr Leute auf der Straße zusammenbrechen, da ihre inneren Organe versteinern. Es ist aber auch der Sommer, in dem sich zwei Schuljungen und beste Freunde in die neue Klassenkameradin Izumi verlieben, die ein Ass im Turmspringen ist. Nach einem bizarrem Unfall fällt sie jedoch in ein kurzes Koma, und als sie aus diesem erwacht, nimmt sie Dinge wahr, die für alle anderen verborgen bleiben und wird in psychiatrische Behandlung geschickt...

Bei Filmen wir diesem wird klar, warum so viele japanische Filmperlen außerhalb ihres Entstehungslandes kaum wahrgenommen werden: Man kann sie einem westlichem Publikum nicht so ohne weiteres verkaufen. Das fängt schon bei der Frage des Genres an: August in the Water ist wohl am ehesten ein Drama, aber auch Science-Fiction, eine tragische Teenager-Liebesgeschichte, etwas Horror und auch New Age-Esoterik. Der Plot sprüht über von fantasievollen, teilweise aberwitzigen Ideen, die man einfach hinnehmen muß und läßt viele Fragen offen - am ehesten ist das wohl in unserer Kultur noch mit dem magischen Realismus zu vergleichen, den man jetzt auch nicht unbedingt eine Mainstream-Bewegung nennen kann.

Die zahlreichen Szenen von plötzlich auf der Straße sterbenden Menschen erinnern sehr an des Regisseurs späteren Isn't anyone alive, den ich etwas unausgegoren fand - hier schafft er es aber durchaus, die disparaten Elemente zu einem harmonischem Ganzen zu fügen, das trotz der Prämisse auch nicht ganz so finster ausgefallen ist wie das spätere Werk. Langsam erzählt, mit grandiosen Panoramashots erscheint der heiße Sommer hier wie ein Fiebertraum und wird sogar noch durch "richtige" Träume zusätzlich gebrochen.

Dabei wird auf zahlreiche Motive und philosophische Fragen zurückgegriffen: Außerirdische, die Herkunft des Menschen oder auch uralte mystisch beschriftete Steine, was mich an den ebenfalls tollen Okaruto erinnerte. Doch, der eigentlich für schrilles, schnelles und lautes Kino bekannte Sogo Ishii beweist hier, daß er auch leise und langsam kann, ohne dabei auf abseitige Ideen zu verzichten.


Die angekündigte Dürre ist für die Stadt in den Sommermonaten nichts außergewöhnliches, in diesem August geschehen aber noch weitere merkwürdige Dinge: Gleich zwei Meteoriten stürzen in der Nähe ab und eine unbekannte Krankheit verbreitet sich, durch die immer mehr Leute auf der Straße zusammenbrechen, da ihre inneren Organe versteinern. Es ist aber auch der Sommer, in dem sich zwei Schuljungen und beste Freunde in die neue Klassenkameradin Izumi verlieben, die ein Ass im Turmspringen ist. Nach einem bizarrem Unfall fällt sie jedoch in ein kurzes Koma, und als sie aus diesem erwacht, nimmt sie Dinge wahr, die für alle anderen verborgen bleiben und wird in psychiatrische Behandlung geschickt...

Bei Filmen wir diesem wird klar, warum so viele japanische Filmperlen außerhalb ihres Entstehungslandes kaum wahrgenommen werden: Man kann sie einem westlichem Publikum nicht so ohne weiteres verkaufen. Das fängt schon bei der Frage des Genres an: August in the Water ist wohl am ehesten ein Drama, aber auch Science-Fiction, eine tragische Teenager-Liebesgeschichte, etwas Horror und auch New Age-Esoterik. Der Plot sprüht über von fantasievollen, teilweise aberwitzigen Ideen, die man einfach hinnehmen muß und läßt viele Fragen offen - am ehesten ist das wohl in unserer Kultur noch mit dem magischen Realismus zu vergleichen, den man jetzt auch nicht unbedingt eine Mainstream-Bewegung nennen kann.

Die zahlreichen Szenen von plötzlich auf der Straße sterbenden Menschen erinnern sehr an des Regisseurs späteren Isn't anyone alive, den ich etwas unausgegoren fand - hier schafft er es aber durchaus, die disparaten Elemente zu einem harmonischem Ganzen zu fügen, das trotz der Prämisse auch nicht ganz so finster ausgefallen ist wie das spätere Werk. Langsam erzählt, mit grandiosen Panoramashots erscheint der heiße Sommer hier wie ein Fiebertraum und wird sogar noch durch "richtige" Träume zusätzlich gebrochen.

Dabei wird auf zahlreiche Motive und philosophische Fragen zurückgegriffen: Außerirdische, die Herkunft des Menschen oder auch uralte mystisch beschriftete Steine, was mich an den ebenfalls tollen Okaruto erinnerte. Doch, der eigentlich für schrilles, schnelles und lautes Kino bekannte Sogo Ishii beweist hier, daß er auch leise und langsam kann, ohne dabei auf abseitige Ideen zu verzichten.

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Samstag, 5. Oktober 2013
The Insomniac
hypnosemaschinen, 04:19h
GB 1971, Regie: Rodney Giesler

Ein älterer Familienvater liest seinen drei Kindern in einem Londoner Wohnsilo eine Gutenacht-Geschichte über die Macht der Fantasie und Träume vor, anschließend kann er aber nicht schlafen. Seine Frau möchte nicht befummelt werden und hustet, wenn er sich eine Kippe ansteckt. Da nimmt er plötzlich mitten in der Nacht ein helles Licht hinter den Vorhängen wahr.

Da draußen ist Sonnenschein, es ist warm und statt Großstadt-Tristesse ist da plötzlich eine wunderschöne ländliche Gegend voller Bäume und Wiesen. Er setzt sich ins Auto und macht eine Spritztour, trifft nur Leute mit Sonnenbrillen, einer davon lädt ihn auf eine Party auf einem Landsitz ein. Er fühlt sich sehr zur attraktiven Frau des Gastgebers hingezogen, die dann auch mit ihm durchbrennt. Gemeinsam verbringen sie schöne Stunden im Grün...

Dieser nur 45 Minuten lange Film ist die einzige fiktive Arbeit eines Regisseurs, der ansonsten nur Dokumentationen veröffentlichte. Schade eigentlich, denn die eigenartige Geschichte kann sich durchaus sehen lassen. Am stärksten ist wohl die Auflösung, bei der nicht wie bei ähnlichen Stoffen eindeutig entschieden werden kann, was denn nun die "Wirklichkeit" ist. Die blasse Realität und der bunte Traum haben sich dermaßen ineinander verknotet, daß man sie nicht mehr voneinander trennen kann. Großartig.


Ein älterer Familienvater liest seinen drei Kindern in einem Londoner Wohnsilo eine Gutenacht-Geschichte über die Macht der Fantasie und Träume vor, anschließend kann er aber nicht schlafen. Seine Frau möchte nicht befummelt werden und hustet, wenn er sich eine Kippe ansteckt. Da nimmt er plötzlich mitten in der Nacht ein helles Licht hinter den Vorhängen wahr.

Da draußen ist Sonnenschein, es ist warm und statt Großstadt-Tristesse ist da plötzlich eine wunderschöne ländliche Gegend voller Bäume und Wiesen. Er setzt sich ins Auto und macht eine Spritztour, trifft nur Leute mit Sonnenbrillen, einer davon lädt ihn auf eine Party auf einem Landsitz ein. Er fühlt sich sehr zur attraktiven Frau des Gastgebers hingezogen, die dann auch mit ihm durchbrennt. Gemeinsam verbringen sie schöne Stunden im Grün...

Dieser nur 45 Minuten lange Film ist die einzige fiktive Arbeit eines Regisseurs, der ansonsten nur Dokumentationen veröffentlichte. Schade eigentlich, denn die eigenartige Geschichte kann sich durchaus sehen lassen. Am stärksten ist wohl die Auflösung, bei der nicht wie bei ähnlichen Stoffen eindeutig entschieden werden kann, was denn nun die "Wirklichkeit" ist. Die blasse Realität und der bunte Traum haben sich dermaßen ineinander verknotet, daß man sie nicht mehr voneinander trennen kann. Großartig.

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Mittwoch, 18. September 2013
Irgendwo und irgendwann wie Lichter in der Nacht
hypnosemaschinen, 21:28h

Das erste Mal war ich als Kind in Nürnberg und ich erinnere mich nur noch daran, in einem Buchladen einen Tim & Struppi-Comic gesehen zu haben, den ich noch nicht kannte und unbedingt haben wollte. So quengelte ich meine Mutter voll und schien zunächst erfolgreich, bis sich herausstellte, daß der Buchladen wohl zu so einem Buchclub gehörte, bei dem man erst Mitglied werden mußte, um irgendwas kaufen zu dürfen, und darauf hatten meine Eltern verständlicherweise keinen Bock. Damals hatte ich dafür kein Verständnis und quengelte noch einige Stunden weiter. Der fehlende Tim & Struppi-Band ging erst einige Monate später in meinen Besitz über. Dann war ich ein zweites Mal kurz in Nürnberg, mußte dort auf dem Weg zum Kongress der Fantasie in Passau umsteigen, hatte eine halbe Stunde Aufenthalt und lief eher planlos um den Bahnhof herum. Mein drittes Mal in Nürnberg werde ich sicherlich auch nicht vergessen, führte es mich doch auf den 11. Außerordentlichen Filmkongress des Hofbauer-Kommandos, der cineastische Kostbarkeiten sondergleichen präsentierte.

Der gute Oliver von Remember it for later nahm mich in seinem Auto mit und so gleiteten wir zu den Klängen von Buzzcocks, Ramones, Joy Division, Wire und und und die A3 herunter. Etwas befremdet von CSU-Wahlplakaten, die wir als Rheinländer nicht gewohnt waren, gab es dann beim Treffpunkt erstmal ein großes Hallo, bei der ich dann der ein oder anderen bislang nur aus dem Internet bekannten Person mit Freuden die Hand schütteln durfte. Zum ersten Film gab es einen Stargast: Die großartige Katja Bienert, die wir ja bereits in Aachen begrüßen durften, war ebenfalls aus Berlin angereist und gab ein ausführliches Interview, bevor dann LOLITA AM SCHEIDEWEG (Jess Franco, Spanien 1980) gezeigt wurde. Die Kopie hatte ich letztes Jahr schon beim Filmclub 813 in Köln gesehen, aber den traumgleichen Bildern in flirrender Hitze setzte ich mich gerne ein zweites Mal aus. Zu Ehren des im April dieses Jahres verstorbenen Regisseurs gab es dann mit ENTFESSELTE BEGIERDE (Jess Franco, Belgien/Frankreich 1973) im Anschluß einen weiteren Film von ihm. Ich hatte bislang nur eine englisch gedubbte Fassung mit eingefügten Hardcore-Szenen gesehen, diese hier gefiel mir aber wesentlich besser, da der merkwürdige Plot, welcher Atlantis, Fellatio, Erich von Däniken und Vampire zusammenschmeißt, auf Deutsch noch einmal viel besser daherkommt, wobei die Schönheit von Lina Romay auf großer Leinwand auch nicht zu verachten ist. Die folgenden Programmpunkte schickten uns erstmal auf GESCHÄFTLICHE REISE ZUR ERHOLUNG IN AFRIKA (Vernon Whitten), ein offenbar von der Südafrikanischen Tourismusbehörde Ende der 50er/Anfang der 60er in Auftrag gegebener Werbefilm, der wohlhabenden Weißen die Schönheiten des Landes preist, in welchem außer dem ein oder anderen Kellner auch kein Schwarzer zu wohnen scheint. Ui ui ui. Anschließend verschlug es uns in DIE SEX-SPELUNKE VON BANGKOK (Erwin C. Dietrich, Schweiz 1974), der in den prächtigsten Farben erstrahlte, aber in seiner lieblosen Inszenierung von unschönen Sexualakten zugleich den ganzen Körper lähmte.

Am Samstag stellte ich in der Nürnberger Müller-Filliale fest, daß ich auf dem Rückcover der DVD von ZOMBIE DRILLER KILLER zitiert werde, und mußte sie reflexartig kaufen. Später saßen Oliver und ich in der ältesten Weinstube Deutschlands, die auch Albrecht Dürers Stammkneipe war, und verzehrten lokale Spezialitäten, bevor es dann per U-Bahn nach Fürth zum weiteren Filmprogramm ging. BARBARA – WILD WIE DAS MEER (Frank Wisbar, Deutschland 1961) warf mich dann direkt um mit seinen prächtigen Locations und dieser Art der Melodramatik, die man nur in deutschen Filmen dieser Periode findet. Ein großartiges Ensemble spricht großartige Dialoge und ein Stück von mir schmolz weg. In MENSCHEN VON MORGEN (Kees Brusse, Deutschland 1965) werden junge Leute interviewt, deren Aussagen zunächst belustigen, mit zunehmender Laufzeit aber gar nicht so dumm zu sein scheinen. Ein Meisterwerk der Montage, tragischerweise durch das Raster der Filmgeschichtsschreibung gefallen. Wie auch VENUSBERG (Rolf Thiele, Deutschland 1963), eine italienisch flirrende Geschichte über sechs Frauen, die in einem Ferienhaus zusammenfinden um „auf einen Mann zu warten, der nicht kommt.“ (Lexikon des Internationalen Films) Eindrucksvoll fotografiert, ist der Film in seiner Behandlung von Tabuthemen seiner Zeit eindeutig voraus, mußte bei der FSK zahlreiche Federn lassen und beweist, daß das deutsche Nachkriegskino keineswegs so bieder war, wie es gerne hingestellt wird. Bestand die Reaktion des Kongresspublikums bis dahin aus einem zufriedenem Schnurren aufgrund der hochgradigen Qualität des Programms, so steigerte sie sich bei BARON PORNOS NÄCHTLICHE FREUDEN (Frits Fronz, Österreich 1969) in die absolute Hysterie. Was nicht weiter verwunderlich ist: Dieser Film torpediert den Zuschauer mit so vielen Unglaublichkeiten, so daß dieser nur noch mit offenem Mund gackernd am Boden herumzukriechen vermag. Ein Wahnsinn, der in Worten nicht zu fassen ist. Der Wahnsinn ging jedoch weiter mit einer fulminanten Trailershow (u.a. EROTIK IN DER FOLTERKAMMER) und DAS LIEBESTOLLE INTERNAT (Jürgen Enz, Deutschland 1982) – selten ist Sex so unerotisch wie bei Jürgen Enz inszeniert worden, aber gerade das macht seine Filme zu Manifesten der Trübnis in kahlen Settings mit nur halbfertigen Protagonisten und unsinnigen Späßen, die so wenig lustig sind, daß es schon wieder traurig wird. Eine Erfahrung, die jeder mal gemacht haben sollte, um daraus gestählt hervorzugehen. Enz gehört in den Filmkanon! Zu genanntem Film empfiehlt sich auch die Lektüre des Textes der lieben Silvia.

Sonntags wandeln wir, Baron Pornos Melodie summend, durch die Stadt, werden zuweilen zugeregnet und trinken ein Bier beim Altstadtfest am Ufer der Pegnitz. Eine Menge Leute laufen vorbei, ich meine, Bekannte aus Aachen zu erkennen, was freilich absoluter Quatsch ist. Das Filmprogramm knallt uns anschließend in die Bikini-Welt von Florida mit DAZU GEHÖREN ZWEI (Henry Levin, USA 1960), einer leichtfüssigen Hollywood-Komödie, die einfach nur Freude bereitet. Obwohl toll inszeniert, empfand ich den melodramatischen Subplot um die vergewaltigte Protagonistin eher als etwas unpassend, aber die meiste Zeit habe ich eh nur Paula Prentiss angeschmachtet. Beim Abendessen wanderte ein „Frankenteller“ in meinen Darm, dessen Sauerkraut eher nach Süßkraut schmeckte, aber das ist wohl so üblich. Eigentlich wollte ich auch nur die leckeren Würste. Zurück im Kino, gab es ein „Nudie Cutie-Double Feature“, beginnend mit HOW I LIVED AS EVE (Zygmunt Sulistrowski, USA/Brasilien 1963): Um das Gelände ihrer Nudisten-Kolonie behalten zu dürfen, muß eine Gruppe wackerer nackter Menschen auf Wunsch des Besitzers drei Monate lang auf einer einsamen Insel allein zurecht kommen. Herrlich sympathischer Blödsinn, der noch von TÖCHTER DER SONNE (Alexander Swiagenin, Schweiz 1964) getoppt wurde: Hier verschlägt es die Nackedeis auf Korsika, wo sie sich unter anderem mit Bällen necken. Mit UNERSÄTTLICHE TRIEBE (Hiroshi Mukai, Japan 1967) gab es eine weitere Rarität, allerdings erwischte das toll fotografierte Erotikdrama um einen Boxer mich nicht unbedingt auf dem Höhepunkt meiner Aufmerksamkeit. Vom TODESSCHREI DES GELBEN PANTHERS (Joseph Kong, Taiwan 1972) wurde ich dann wieder geweckt, feinstes Martial Arts-Gekloppe mit einem wunderbar schmierigem Bösewicht, der immer zu früh kommt. Den krönenden Abschluß bildete LADY OF THE ORIENT EXPRESS (Franco Lo Cascio, Spanien/Italien 1989), ein ausufernd schleimiger Softsex-Streifen, bei dem neben den Dialogen vor allem die Auftritte einer Opernsänger-Nebenfigur begeisterten.
Das waren tolle Tage! Dem Hofbauer-Kommando sei auch an dieser Stelle noch mal herzlicher Dank ausgesprochen und ich hoffe, es gibt bald ein Wiedersehen. Zum Kongress siehe auch die Ratings von Thomas sowie die Reviews vom fleissigen Oliver, der die Filme ausführlich würdigt und nicht so schamlos kurz wie ich über sie drüber hoppelt.
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