Sonntag, 11. Juli 2010
Gespielin der Finsternis
La Fiancée des Ténèbres, Frankreich 1945, Regie: Serge de Poligny



Als ich den Film vor einigen Jahren zum ersten Mal gesehen habe, war ich eher enttäuscht, hatte ich doch bei einer solchen Story wesentlich mehr Horror-Elemente erwartet. Nachdem ich jedoch letztens Theodore Roszaks Roman "Flicker" gelesen hatte, in dem auch die Catharer/Albigenser eine wesentliche Rolle spielen, bekam ich Lust auf eine weitere Sichtung, diesmal unter besseren Vorzeichen, da ich wußte, daß es sich eher um eine Art Liebesdrama mit Fantasy-Anteilen handelte. Ein wunderlicher Burgherr, der sich selbst als letzten Vertreter der nur vermeintlich ausgerotteten Glaubensrichtung, die den Tod verehrt, sieht, hat das Findelkind Sylvie (Jany Holt, auch in den ebenfalls sehenswerten Golem und Le pays sans étoiles) bei sich aufgenommen, die ihm treu ergeben und äußerst melancholisch ist. Nicht nur ihre ehemaligen Liebhaber, sondern auch zahlreiche andere Personen finden in ihrer Gegenwart den Tod, wofür sie etwas in ihrem Inneren verantwortlich macht. Als ein junger Musiker in seinen Heimatort zurückkehrt und in der Burgruine spazieren geht, verlieben sich die beiden, aber ihr Glück währt nur ein paar Stunden...



Hat man einmal den Vorsatz, sich gruseln zu wollen, hinter sich gebracht, verbreitet der Film eine einzigartige morbide Atmosphäre, wozu vor allem die grandiosen Locations beitragen. Besonders als der jahrhundertelang verborgene Geheimgang zum Heiligtum der Catharer geöffnet wird, gerät man ins Staunen. Obwohl der Film laut Dialogen in Montségur spielen soll, wurde er wohl in Carcassonne gedreht – auch nicht weiter tragisch, da beide Orte mit der Geschichte der Albigenser eng verknüpft sind. Hinzu kommt ein hübsch melancholischer Score und tolle Kamera-Arbeit, einzig die Sequenz im "Tal des Glücks" will nicht so recht zu dem Rest passen, aber scheinbar sind dem Regisseur von den deutschen Besatzern auch einige Steine in den Weg gelegt worden, so daß das Resultat nicht mehr so homogen wie geplant werden konnte. Das Ende fügt sich jedenfalls nahtlos in die Stimmung ein – ist es für die Familie des Musikers zwar happy, so hinterläßt es Sylvie noch trauriger als zuvor. Es wird im übrigen nie geklärt, ob tatsächlich ein Fluch auf ihr liegt, oder das alles nur Zufall und ihre Einbildung war – diese Ambivalenz und auch weitere Faktoren machen ihre Figur zu einer nahen Verwandten der Irena aus Cat People. Ach ja, und der heilige Gral geht auch für immer verschütt.

... link (2 Kommentare)   ... comment


Samstag, 10. Juli 2010
The Driver's Seat
Identikit, Italien/Deutschland 1974, Regie: Giuseppe Patroni Griffi



Liz Taylor reist von München nach Rom, um dort einen Mann zu finden, der sie umbringt. Diejenigen, die sie trifft, wollen sie allerdings nur ficken...



Immer wieder beruhigend, was für seltsame Filme da draußen auf einen warten. Eigentlich sollte man denken, daß ein Film, in dem Elizabeth Taylor masturbiert, in durchsichtiger Unterwäsche herumrennt und zum Blowjob gezwungen wird, etwas bekannter sein sollte, aber hier haben wir wohl mal wieder so einen Fall, bei dem die äußerst eigenwillige künstlerische Konzeption des Films auf unfruchtbaren Boden traf, und das Resultat schnell vergessen ward. Schade eigentlich, denn auch wenn der Film nicht mit der subversiven Finesse eines Luis Buñuel aufwarten kann, dessen Spätwerk hier eindeutig Pate stand, ist er äußerst hübsch fotografiert und bringt zahlreiche absurde Ideen auf die Leinwand.

... link (1 Kommentar)   ... comment


Sonntag, 4. Juli 2010
Angel, Angel, Down We Go
Cult of the Damned, USA 1969, Regie: Robert Thom



Der Vater des Teenagers Tara ist einer der reichsten Männer Amerikas, ihre Mutter wiederum ein ehemaliges Zigarettenmädchen und Pornofilmdarstellerin. Letztere möchte für ihre Tochter, die aus dem Schweizer Internat heimgekehrt ist, eine pompöse Coming Out-Party schmeißen, was für die schüchterne, übergewichtige Tara einem Alptraum gleichkommt. Nach wenigen Minuten flüchtet sie in ein Waldstück und wird dort beinah von dem Rocksänger „Bogart Peter Stuyvesant“ überfahren, der sie anschließend zum Mitfahren überredet und verführt. Tara ist aber nur das erste Ziel des charismatischen Exzentrikers, er möchte auch noch an Mutter und Vater ran...



Es ist schon ein bemerkenswerter Zufall, daß dieser Film in den Kinos lief, als die berüchtigten Tate/LaBianca-Morde der Manson-Familie stattfanden. Da er ziemlich floppte, brachte die nie um Marketingkampagnen verlegene AIP ihn kurze Zeit später unter dem Titel „Cult of the Damned“ noch einmal heraus, auf den Plakaten direkte Bezüge zu den Ereignissen nehmend. Das half freilich auch wenig, denn abgesehen von einzelnen Szenen dürfte das Horrorfilm-Publikum diesem satirischen Musical-Trip eher mit Unverständnis begegnet sein. Der Film wirkt auch heute noch an manchen Stellen hoffnungslos überladen, ist als Kuriosum aber hochinteressant. Da wär zum einen die immer noch schöne, ehemalige Oscargewinnerin und David Selznick-Gattin Jennifer Jones in der Rolle der Mutter, bei der man sich schon fragt, ob sie wußte, in was sie da hineingeraten war. Dann ist da noch eine von visuellen Ideen überlaufende Bildgestaltung, die oft Collagen im Stil von Robert Rauschenberg verwendet, und zu guter letzt die Songs aus der Feder von Barry Mann, gegen die man auch nichts haben kann. (Beim folgenden Clip fehlt leider ein großer Teil des Slomo-Sitar-Intros.)

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 3. Juli 2010
Enigma para Demônios
Brasilien 1975, Regie: Carlos Hugo Christensen



Eine junge Frau aus Buenos Aires reist zu Verwandten in einem kleinen Bergdorf in Brasilien. Dort wird sie mit der Vergangenheit ihrer Familie konfrontiert, die bislang vor ihr geheimgehalten wurde. Bei einem Besuch des Grabs ihrer Mutter nimmt sie geistesabwesend eine Blume von einem anderen Grab an sich. Kurze Zeit später erhält sie merkwürdige Telefonanrufe, eine männliche Stimme fordert sie auf, die Blume, die sie gestohlen hat, zurückzubringen. Doch das Mädchen kann sie nirgendwo mehr finden...



Es gibt manchmal schon bemerkenswerte Zufälle: Vor knapp drei Monaten las ich zum ersten Mal die Kurzgeschichte „Mädchen, Blume, Telefon“ von Carlos Drummond de Andrade und ich war sehr begeistert, dann wurde mir zufällig dieser brasilianische Horrorfilm zugespielt und ich stellte erst viel später fest, daß es sich um eine Verfilmung ebenjener Erzählung handelt. Die literarische Vorlage erzielte ihre Wirkung durch eine sachliche Verknappung der Umstände, was freilich für einen abendfüllenden Film nicht ausgereicht hätte. So wurden hier noch einige, teilweise arg konventionell, teilweise reichlich bizarr wirkende Subplots eingewoben, was den nüchternen Impact der Geschichte etwas verwässert. Andererseits vermag der Film schon zu überzeugen, handelt es sich bei dem Regisseur doch auch um einen alten Hasen aus Argentinien, der 1939 seinen ersten Film dirigierte und in den 50ern für einige Arbeiten in Cannes und Berlin nominiert wurde. Verblüffend, wie in den Rückblenden konsequent die Kameraverkantung beibehalten wird, andererseits kommt das Zoom-Objektiv vielleicht ein wenig zu oft zum Einsatz. Dann aber wurde statt einem eigenem Score ausschließlich Musik von Jean Sibelius verwendet, was das Ganze auf eine weitere Art und Weise eigenwillig macht. Der Valse Triste kommt allerdings nicht vor, hätte aber auch ganz gut gepasst.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 28. Juni 2010
Schalcken the Painter
GB 1979, Regie: Leslie Megahey



Leyden im 17. Jahrhundert: Der junge Maler Schalcken verliebt sich in die Nichte seines Lehrers und ist daher nicht begeistert, als dieser sie für einen Haufen Goldstücke an einen geheimnisvollen Fremden verschachert. Noch weniger begeistert ist die Nichte selbst, nachdem sie das leichenhafte, ausgezehrte Gesicht ihres zukünftigen Gemahls das erste Mal erblickt...



Auch außerhalb der "Ghost Stories for Christmas", die 1971 bis 1978 liefen und 2005 und 2006 kurz wiederbelebt wurden, adaptierte das englische Fernsehen klassische Geistergeschichten, diesmal keinen Stoff von M.R. James, sondern von dessen großen Vorbild Sheridan Le Fanu. Megahey, der davor und danach auch Filme über Maler drehte, ergreift die Gelegenheit beim Schopf und taucht den ganzen Film in ein Kerzenlicht-Halbdunkel, so daß der ein oder andere Frame auch an die Gemälde der flämischen Schule erinnert. Diese Vorgehensweise sorgt neben den hervorragenden Darstellern (u.a. Maurice Denham) dafür, daß trotz der sehr langsamen Erzählweise keine Langeweile aufkommt, da scheint ständig etwas zu lauern in diesen dunklen Flecken. Der Schock aller Schocks kommt freilich erst am Ende und man kann sich immer wieder wundern, wie weit der viktorianische Großvater der westlichen Geistergeschichte schon in die Abgründe der menschlichen Fantasie vorgestoßen ist.

... link (1 Kommentar)   ... comment


Freitag, 25. Juni 2010
Under the Blossoming Cherry Trees
Sakura no mori no mankai no shita, Japan 1975, Regie: Masahiro Shinoda



Vor der Edo-Zeit war die Kirschblüte noch kein Grund zum Feiern, vielmehr hieß es, wenn man allein unter blühenden Kirschbäumen wandelt, würde man wahnsinnig. Davon ist auch der in einer Hütte in den Bergen wohnende Straßenräuber überzeugt, der sonst eigentlich nichts fürchtet und mordet, was das Zeug hält. So auch einen reichen Passanten nebst Diener – als er jedoch die Schönheit von dessen Frau erblickt, nimmt er sie mit in seine Hütte, um sein mittlerweile neuntes Eheweib zu werden. Die Dame weiß aber ihren Einfluß auszuspielen, und so zwingt sie den Naturburschen nicht nur, in die Stadt zu ziehen, sondern ihr auch täglich möglichst viele Köpfe zum Spielen zu bringen...



Diese Geschichte incl. einer unfassbaren erotischen Szene mit Leichenteilen konnte eigentlich nur aus Japan kommen. Abgesehen von der erstaunlichen Story gibt es hier aber noch eine prächtige Einstellung nach der anderen, einen permanent unheimlichen Score, sowie am Ende ein überraschendes Spiel mit der Erzählperspektive. Absolut fabelhaft.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 21. Juni 2010
Vec Vidjeno
Déjà vu/Reflections, Jugoslawien/GB 1987, Regie: Goran Markovic



Der unscheinbare, schüchterne und alternde Klavierlehrer Mihail kann sein Glück kaum fassen, als die neue, junge und bildhübsche Kollegin (Anica Dobra) sichtbares Interesse an ihm bekundet und bereits nach dem ersten Date in ihr Bett schlüpfen läßt. Wären da nur nicht die Erinnerungen an seine von Tragödien und Enttäuschungen bestimmte Kindheit, die immer wieder vor seinem innere Auge ablaufen und die Unsicherheit, ob die junge Frau ihn wirklich liebt oder nur benutzen will...



Brachial düsteres Psychodrama, das den Zuschauer mit zunehmender Laufzeit immer mehr herunterzieht. Zwar gibt es zahlreiche humoristisch-satirische Momente, die vor allem die Bigotterie einiger systemtreuer Sozialisten aufs Korn nehmen – das sich einstellende Lächeln kriegt man aber im nächsten Moment direkt wieder aus der Fresse geschlagen. In schmutzigen Brauntönen begleiten wir den Protagonisten auf seinem Weg in Wahnsinn und Untergang und es wird recht bald klar: Hier gibt es keine Hoffnung, nur einen ewigen Kreislauf aus Dreck und Verzweiflung. Ich kann nicht ganz nachvollziehen, daß der Film hauptsächlich als seltenes Beispiel für den serbischen Horrorfilm rezipiert wird (ein, meiner Ansicht nach längst nicht hinreichender Grund mögen die überraschend deftigen Gore-Effekte im Finale sein), greift er doch nur hier und da die Inszenierungsstrategien des Genres auf, um sie im nächsten Moment wieder zu verwerfen oder in eine andere Richtung zu lenken. Da war Pun Mesec ned Beogradom doch viel mehr Horrorfilm, wenn auch nicht nur. Überhaupt faszinierend, was da in Jugoslawien alles für merkwürdige Hybride auf die Leinwand kamen. Aber Genre-Zuweisung hin oder her, großartig ist dieser Film auf jeden Fall. Schade, daß Anica Dobras Karriere in Richtung seichter deutscher TV-Filme abrutschte, da wäre wohl mehr drin gewesen. Aber kann ja noch werden, dann und wann taucht sie ja auch noch in etwas brauchbarem wie dem tollen Klopka auf.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 19. Juni 2010
Horror
The Blancheville Monster, Italien/Spanien 1963, Regie: Alberto De Martino



Kurz vor Erreichen ihrer Volljährigkeit kehrt Emily auf das Schloß ihrer Familie in Frankreich zurück. Sie findet alles seltsam verändert vor, die gewohnten Dienstboten sind nicht mehr da und ihr Bruder Roderick (!) benimmt sich auch recht merkwürdig. Dann sind da auch noch diese Schreie in der Nacht...



Den Plot, der verschiedene Poe-Motive übernimmt, kann man nicht unbedingt innovativ nennen, immerhin werden so viele Zutaten zusammengemischt, daß man die Auflösung nicht so ohne weiteres vorhersehen kann. Überzeugen kann der Film aber durch seine formidable Bildgestaltung, die auch in der momentan leider einzig erhältlichen, stark gecroppten Version sichtbar wird. Neben wunderschönen Exteriors ist hier vor allem ein beträchtliches Talent zu konstatieren, wenn es darum geht, verschiedene Personen im Bild zu arrangieren. (Siehe letzter Screenshot.) Dazu gibt es noch eine feine Traumsequenz mit Nebelmaschinen-Overkill und der Score trägt ebenfalls gut zur Atmosphäre bei, wenn er auch teilweise für heutige Verhältnisse etwas zu überdramatisch eingesetzt wird. Interessant anzusehen auch Helga Liné in einer frühen Rolle – die Gute spielte noch bis in die Achtziger in ähnlichen Filmen mit – ihre Frisur in Ritos sexuales del Diablo finde ich allerdings schlimmer als das, was ein Ziegenbock in der berüchtigsten Szene des Films anstellt.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 14. Juni 2010
Warlock Moon
USA 1975 Regie: Bill Herbert



Die Studentin Jenny lernt den älteren John kennen, der sie in Groucho Marx-Verkleidung zu einem gemeinsamen Picknick überredet. Auf dem Rückweg verfahren sich die beiden und stoßen auf ein verlassenes Heilbad, in dem scheinbar nur noch eine alte Dame lebt. Der angehende Journalist John wittert in dem ganzen eine Story und will sich mit Jenny erneut dort treffen. Doch der Ort scheint seltsam verändert, von der alten Dame und ihrer Wohnung ist weit und breit keine Spur, ein zufällig anwesender Jäger klärt die junge Frau über die Geschichte des Ortes auf, der leer steht, seitdem die Köchin einst bei einem Festmahl Menschenfleisch servierte...



Nach der Sichtung von Ti Wests famosem House of the Devil beim Fantasy Filmfest im letzten Jahr erwähnte der geschätzte Kollege Oliver Warlock Moon als Vergleichsstück (auch nachzuhören im dazugehörigen Podcast) und da ich von dem Film noch nie etwas gehört hatte, aber allzu gerne Low Budget-Wunderlichkeiten aus den 70er Jahren verlustiere, mußte ich das unbedingt nachholen. In der Tat sind die Parallelen sehr deutlich, von den zahlreichen Sequenzen, in denen Jenny durch das leerstehende Haus wandert bis zum recht ähnlich angelegten Finale. Von den Machern hat man leider nicht mehr viel gehört, aber sie beweisen hier, wie man auch mit eingeschränkten finanziellen Mitteln gehörig Atmosphäre und Spannung aufbauen kann. Zudem wird geschickt mit Ambivalenz gespielt, es läßt sich nicht ohne weiteres beantworten, was in der Filmhandlung Jennys Fantasie entspringt oder „tatsächlich“ übernatürlichen Ursprungs ist. Ganz groß auf jeden Fall das Ende, das den Abspann des Films auf eine Art und Weise in die Filmhandlung integriert, die ihrer Zeit meilenweit voraus ist. Wenn man jemand ist, der gerne nach Logiklöchern sucht, hat der Film möglicherweise das ein oder andere Defizit, allen anderen sei er jedoch wärmstens empfohlen.

... link (2 Kommentare)   ... comment


Freitag, 11. Juni 2010
Un soir, un train
Ein Abend, ein Zug, Belgien/Frankreich 1968, Regie: André Delvaux



Obwohl er Linguistik-Professor ist, hat Mathias (Yves Montand) so seine Probleme mit der Kommunikation: Weder führt er seine Vorlesungen richtig zu Ende, noch Unterhaltungen mit seinen Studenten oder seiner Geliebten Anne (Anouk Aimée), die es als Französin im flämisch dominierten Leuven eh schon schwer genug hat. Als sie ihn auf der Reise zu einem Gastvortrag begleitet, verschwindet sie plötzlich aus dem Abteil, nachdem Mathias kurz eingenickt war. Anschließend hält der Zug aus unerfindlichen Gründen auf offener Strecke – zusammen mit einem anderen Professor und einem Studenten steigt er aus, und sieht sich kurze Zeit später in einer trostlosen Sumpflandschaft ausgesetzt, da der Zug ohne sie weiterfährt. Immerhin gelangen sie während der Nacht noch in eine nahegelegene Ortschaft, doch es ist ihnen unmöglich, sich den merkwürdig gebärenden Bewohnern verständlich zu machen...



Ein Film über Liebe und Tod, voller Doppelungen, Rätseln und Verweisen auf die bildende Kunst. War ich in der ersten Hälfte noch etwas irritiert, wo das alles hinführen soll, konnte mich die stimmungsvolle zweite Hälfte jedoch sehr stark fesseln. Vor allem die Szenen in der merkwürdigen Ortschaft sind von einer irrealen Atmosphäre mit melancholischen Zügen geprägt, die mich an De Komst van Joachim Stiller erinnert hat, was insofern nicht verwunderlich ist, als daß beide Filme nach literarischen Vorlagen von Vertretern der belgischen Spielart des magischen Realismus entstanden sind. (Mit dem ebenfalls sehr sehenswerten De man die zijn haar kort liet knippen hatte Delvaux bereits drei Jahre zuvor einen Stoff von Johan Daisne verfilmt.) Ein rätselhafter, faszinierender Film, der bei wiederholter Sichtung bestimmt noch weitere Façetten offenbart. Zusätzlich erfreut war ich über Michael Gough, der in einer der vielen Rückblenden einen exzentrischen Londoner Fremdenführer spielt - mit dem hatte ich hier überhaupt nicht gerechnet. Die bizarre Tanzszene wurde übrigens von Fabrice Du Welz in seinem fabelhaftem Calvaire deutlich zitiert und kommt noch um einiges grotesker daher.

... link (0 Kommentare)   ... comment