Montag, 3. September 2012
Babylon
Deutschland 1992, Regie: Ralf Huettner



Die Krankenschwester Maria lernt zufällig den Vertreter Lothar kennen und die beiden stürzen sich in eine Affäre. Lothar drängt sie dazu, Patientendaten herauszugeben, damit er den Angehörigen unnützes Zeug andrehen kann - Maria kommt dem Wunsch nach, stellt aber bald nicht nur fest, daß Lothar unter anderen Namen wild durch die Gegend vögelt, sondern auch, daß sie seit dem Sex mit ihm unschöne Magenkrämpfe hat...



Mit gelungenen Genrefilmen tut sich das deutsche Kino in den letzten Jahrzehnten schwer, was einerseits wohl an dem dominantem Prinzip der Filmförderung liegt, andererseits wohl daran, daß, wenn denn mal ausnahmsweise ein solcher Film gelingt, ihn niemand sehen will oder er gar nicht erst ins Kino gelangt und ins Fernsehen abgeschoben wird. Regisseur Huettner lieferte 1988 mit DER FLUCH einen originellen Geisterfilm ab - zu einem Zeitpunkt als Geisterfilme gar nicht en vogue waren - BABYLON nimmt hingegen Motive des Bodyhorrors eines David Cronenberg auf, nicht ohne aber auf eigene Ideen zu verzichten. Sehr sehenswert!

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Samstag, 18. August 2012
Morbo
Spanien 1972, Regie: Gonzalo Suárez



Diego und Alicia fahren in den Flitterwochen mit dem Wohnwagen mal einfach so ins Grüne. In der ersten Nacht haben sie viel Spaß, aber tags darauf möchte Diego dann ein bißchen arbeiten, woraufhin Alicia Zweifel bekommt, ob diese Heirat so eine gute Idee gewesen ist. Zudem fühlt sie sich ständig beobachtet...und was sind das für komische Geräusche in der Nacht? Und warum liegen überall Tierkadaver herum?



Oha, was haben wir denn hier schon wieder? Eine verdammt clever konstruierte Angelegenheit, die durch die Genres mäandert und dadurch stets spannend und unvorhersehbar bleibt. Denkt man zunächst, es laufe auf ein unschönes Ehedrama heraus, schiebt sich bald der Eindruck in den Vordergrund, man hätte es mit einer Rache der Natur ähnlich dem späteren australischem Long Weekend zu tun. Aber auch das ist nur eine der Zutaten in einem Eintopf, der geradezu perfekt abgeschmeckt ist. Die Unbekanntheit dieses tollen Films kann man sich wohl nur dadurch erklären, daß seine Originalität die Marketing-Abteilung in den Wahnsinn getrieben hat: In seiner Gesamtheit ist der Film weder Horrorfilm, Psychothriller noch Drama, sondern eher alles auf einmal, im Verlauf der Handlung mutierend. Auf jeden Fall ein verdammt geiles Ding, das auch noch tolle Kamera-Arbeit, eindrucksvolle Locations, überzeugende Darsteller und einen einprägsamen Score zu bieten hat.

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Sonntag, 12. August 2012
Kadin Düsmani
Woman Despiser, Türkei 1967, Regie: Ilhan Engin



Ein Serienmörder macht Istanbul unsicher - er scheint nicht nur nekrophil zu sein, sondern sucht seine Opfer auch nach einem bestimmten Muster aus: Ihre Vornamen fangen stets mit demselben Buchstaben an, wie das Viertel, in dem sie wohnen. Bei seinen Taten scheint er nicht nur Handschuhe, sondern auch Horrormasken zu tragen...



Äußerst stimmungsvoller Horrorkrimi, der irgendwo zwischen den Edgar Wallace-Filmen und dem Giallo einzuordnen ist - der Übergang ist da ja eh fließend. Die mit viel Freude an Schatten inszenierten Mordszenen stechen hier deutlich hervor, und helfen einem auch gut über die etwas fade eingebettete Liebesgeschichte hinweg. Auch wird die Vorliebe des türkischen Kinos für die alten US-Serials hier wieder deutlich, trägt der Täter doch zuweilen eine Totenkopfmaske wie einst der CRIMSON GHOST, mittlerweile bekannter als Markenzeichen der MISFITS.



Dies ist auch einer der wenigen türkischen Genrefilme, den es in brauchbarer Qualität auf DVD gibt - bzw. zumindest gab: Bill Barounis, der freundliche Macher des sympathischen Nischenlabels ONAR FILMS ist leider im Herbst 2011 verstorben.

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Sonntag, 5. August 2012
Pastel de Sangre
Blood Pie, Spanien 1971, Regie: Francesc Bellmunt, Jaime Chávarri, Emilio Martínez Lázaro, José María Vallés



Ein Episodenfilm. TAROT erzählt die Geschichte eines Ritters, der während der Pest im Keller einer Burg den Leichnam einer wunderschönen Frau entdeckt. VICTOR FRANKENSTEIN variiert die bekannte Geschichte: Das Monster ist hier ein schöner junger Mann, der allerdings taubstumm ist und wie ein Pantomime meint, zuvor gesehenes imitieren zu müssen. TERROR AMONGST CHRISTIANS: Zu Zeiten von Kaiser Nero versuchen zwei Christen, aus Rom zu flüchten: Ihr Weg führt jedoch durch einen Wald, in dem es spukt. LA DANZA: Ein Fremder überredet einen obdachlosen Spanner, in das Haus einer schönen und wohlhabenden Schauspielerin einzubrechen...



Pastel de Sangre gehört sicherlich nicht zu den straighten Horror-Episodenfilmen in der Tradition der britischen Amicus-Studios, vielmehr wird hier eher der künstlerisch-allegorische Weg ala Histoires extraordinnaires verfolgt. Vier junge Regisseure erzählen äußerst eigenwillige Horrorgeschichten, die sich größtenteils den gängigen Genre-Klischees entziehen und nur stilistisch dann und wann an Horror-Klassiker erinnern. Das ist kurzweilig und macht viel Spaß: Originelle Ideen werden stilistisch gekonnt umgesetzt, die beteiligten Regisseure scheinen aber anschließend nur noch Auftragsarbeiten abgeliefert zu haben dürfen. Schade drum, denn allein die Originalität der TERROR AMONGST CHRISTIANS-Episode, die das Vampirmotiv gekonnt abstrahiert, würde man sich beim Overkill von allerlei faden Blutsaugerfilmen heutzutage nur zu gern als Langfilm wünschen.








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Samstag, 21. Juli 2012
Nightwish
USA 1990, Regie: Bruce R. Cook



Ein Professor hat die Möglichkeit gefunden, Träume sichtbar zu machen, will mit seinen Studenten aber noch einen Schritt weiter gehen: Sie sollen ihre größten Ängste in den Griff kriegen und so ordnet er eine Versuchsreihe in einem Haus an, in dem es angeblich spuken soll. Die Experimente geraden aber bald außer Kontrolle...



Ich habe mich in den letzten Jahren ja eher in längst vergangene Dekaden exotischer Länder begeben, um Horrorfilme zu finden, die originell und außergewöhnlich "neben der Spur" liegen und nicht nur mehrfach wiedergekäute Standards lieblos abspulen. Verblüffend also, auf eine US-Produktion aus dem Jahr 1990 zu stoßen, die diese Merkmale erfüllt und mir zuvor komplett durchgegangen ist. Es gibt sogar eine deutsche DVD, da muß aber die Bildqualität unter aller Sau sein, so daß man bei den Nachtszenen kaum was erkennen kann. Nightwish gäbe wohl ein gutes Double Feature mit dem im selben Jahr erschienenem Brain Dead (von Adam Simon, nicht der von Peter Jackson) ab, denn beide gehören in die Kategorie von Filmen, die man mittlerweile Mindfuck-Movies nennen würde. Der Realitätsstatus des Gezeigten wird ständig unterwandert und die schlußendliche Auflösung ist hier so elegant, daß sie etwaige Logiklöcher-Pedanten stilvoll in den Wahnsinn zu treiben vermag. Der Look, vor allem die opulente Verwendung von neongrüner Beleuchtung verortet den Film ästhetisch zwar stark in seine Entstehungszeit (die Macher dürften From Beyond mehr als einmal gesehen haben), aber ansonsten gibt es kaum etwas auszusetzen: Der ewige Nebendarsteller Jack Starrett ist fabelhaft als Mad Scientist (leider seine letzte Rolle), die Damen sind äußerst schnuckelig, der Humor fügt sich mit seiner skurrilen Art perfekt ein, zahlreiche klassische Motive aus dem Horror und Science-Fiction-Kanon werden aufgegriffen und wieder fallen gelassen, und die Effekte - frühe Arbeiten von Nicotero/Berger - können sich auch durchaus sehen lassen. Das hat verdammt viel Spaß gemacht.

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Montag, 16. Juli 2012
Belle
Belgien/Frankreich 1973, Regie: André Delvaux



Mathieu ist Spezialist für Lyrik des 16. Jahrhunderts und lebt mit seiner bezaubernden Frau und Tochter im beschaulichen Spa. Eines Nachts fährt er im Hohen Venn einen Hund an und verfolgt das verletzte Tier in den Wald. Dort findet er in einer verfallenen Holzhütte eine wunderschöne Frau, die ihn aber scheinbar nicht versteht und auch nicht spricht. Die beiden kommen sich schnell näher und Mathieu plant bald, mit ihr durchzubrennen...



Die Parallelen zu Un soir, un train drängen sich förmlich auf: Auch hier wird ein Akademiker durch ein merkwürdiges Ereignis aus der Bahn geworfen, Adriana Bogdan spielt die mysteriöse stumme Schönheit und die Unmöglichkeit der Kommunikation ist Thema. Belle ist aber nicht ganz so verstörend und unheimlich wie der frühere Film des Regisseurs geraten, dazu entwickelt sich der Plot zu konventionell und es fehlen auch die gänzlich bizarren Elemente. Eine fabelhafte traumähnliche Atmosphäre wird aber auch hier heraufgeschworen, dazu tragen neben dem schwermütigen Score vor allem die zahlreichen tollen Aufnahmen der kargen Venn-Landschaft bei.

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Samstag, 9. Juni 2012
Kicma
Backbone, Jugoslawien 1975, Regie: Vlatko Gilic



Ein unerträglicher Gestank macht sich in ganz Belgrad breit und verunsichert die Bewohner - der Mikrobiologe Pawle kann sich an genau diesen Gestank aus seiner Kindheit erinnern, es ist der Geruch verbrennender Menschen. Ein Besuch im Krematorium gibt ihm die Gewissheit: Die hohe Anzahl von Selbstmorden in der Stadt hat dazu geführt, daß die Öfen in Dauerbetrieb sind und wohl auch sein werden - denn der Gestank wird langsam so dermaßen unerträglich, daß weitere Personen Selbstmord begehen...



Die Reihe von Entdeckungen obskurer Filmperlen aus dem ehemaligen Jugoslawien reißt nicht ab: War ich auch zunächst von der Kategorisierung als Horrorfilm auf Kicma aufmerksam geworden, scheint er eher ein existenzialistisches Drama zu sein - aber eins von einer immensen Tristesse und Düsternis. Sämtliche Bewohner Belgrads siechen nur so vor sich hin, der Suizid scheint die einzige logische Konsequenz.



Man kann hier freilich einiges kritisieren - einzelne Sequenzen sind durchaus zu lang geraten und zu sehr auf bedeutungsschwanger getrimmt, während einige Nebenfiguren wie die lesbischen Schwestern wohl nur der Schauwerte wegen eingefügt wurden. Aber das kann man schon verkraften, denn die Bildkompositionen, die Darsteller, der Score und das Sound-Design sind ansonsten von allerhöchster Qualität. Und das offene Ende gibt der Gänsehaut dann den Rest.

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Donnerstag, 31. Mai 2012
El imperio de Drácula
Mexiko 1967, Regie: Federico Curiel



Dracula ist tot, aber sein getreuer Diener findet das nicht gut und überfährt den männlichen Teil eines Liebespaars mit der Kutsche im Wald, um den weiblichen Teil zu Hause im Schloß gemütlich aufzuschlitzen, auf daß das Blut seinen Gebieter wiederbelebe. Der Plan geht auf und Nachschub muß ran, also werden ein paar Reisende aufs Schloß gelockt...



Die populäre Figur des Vampirgrafen hat ja Drehbuchschreiber häufig dazu animiert, sich neue Geschichten abseits von Bram Stokers Vorlage auszudenken, und wem der Plot da oben bekannt vorkommt - ja, hierbei handelt es sich quasi um ein mexikanisches Remake der Hammer-Produktion Dracula - Prince of Darkness, mit dem Unterschied, daß die Reisenden nicht aus zwei Ehepaaren, sondern einem Mann und drei Frauen bestehen - gibt also mehr zu beißen für den Grafen, der hier zuweilen auch "Draculstein" genannt wird. Warum auch nicht! Eigentlich als Farbfilm gedreht, kam mir nur eine Schwarz-Weiß-Version in die Finger, aber die sieht auch nicht verkehrt aus: Die Mexikaner verstehen auch hier ihr Gothic-Handwerk, stellen die Nebelmaschinen richtig hin und lassen hübsche Frauen durch alte Gemäuer wandeln. Es fehlen ein wenig die bizarren Details, wie man sie z.B. in El Vampiro findet, und die auch zahlreiche andere Produktionen dieser Periode zusätzlich würzen, aber das ist schon alles sehr stilsicher und solide und läuft bei Gothic Horror-Junkies wie mir gut rein.

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Samstag, 26. Mai 2012
Okaruto
Occult / The Unidentified, Japan 2009, Regie: Kôji Shiraishi



Ein Dokumentarfilmer rollt einen drei Jahren alten Mordfall wieder auf: Dort hatte damals ein junger Mann an einem idyllischen Ausflugsziel zwei Frauen erstochen, einen Mann schwer verletzt und sprang anschließend von den Klippen ins Meer - sein Leichnam wurde jedoch nie gefunden. Bei den Interviews mit Zeugen und Hinterbliebenen kommen merkwürdige Zufälle und Parallelen zu Tage, am interessantesten ist aber wohl das überlebende Opfer: Dieses sagt nämlich aus, seit dem Angriff hätte sich sein Leben wesentlich gebessert und er würde täglich Wunder mit eigenen Augen erleben. Auch hat die Narbe von dem Angriff erstaunliche Ähnlichkeit mit einem Muttermal des Täters...



Mit Noroi legte Regisseur Shiraishi 2005 ein Highlight der letzten J-Horror-Welle vor, das bereits einige paranormale Aktivitäten vorwegnahm, aber leider ziemlich unbeachtet blieb. Hier wählt er zwar wieder das selbe Mittel der Mockumentary, erzählt aber keine Geistergeschichte, sondern eine dieser Horrorgeschichten, die gleich die komplette Weltordnung in Frage stellen wie God told me to oder Cure von Kiyoshi Kurosawa, der hier auch einen Gastauftritt hat. Das Ganze ist schon recht geschickt aufgebaut und hat zahlreiche tolle Einfälle zu bieten, erreicht aber nicht ganz die Dichte von Noroi - die Wendung im letzten Viertel ist zwar alles andere als vorhersehbar, aber auch ein wenig unbefriedigend. Da hätte man mehr draus machen können und dann wäre der Film vielleicht ein absoluter Knaller geworden. Aber auch so ist er immer noch hochgradig originell, hat zahlreiche verblüffende Momente und sollte von Freunden eher abseitiger Horrorfilme unbedingt anprobiert werden.

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Samstag, 12. Mai 2012
Die Frau in Schwarz
The Woman in Black, GB/Kanada/Schweden 2012, Regie: James Watkins



Seitdem seine Frau auf dem Kindsbett gestorben ist, leidet der junge Anwalt Arthur Kipps an Depressionen und kann seinen Job nur schwerlich ausführen, obwohl die Zukunft seines Sohnes davon abhängt. Sein Chef gibt ihm noch eine letzte Chance: Er soll die Angelegenheiten der verstorbenen Mrs. Drablow ordnen und muß sich dazu auf ihren entlegenen Landsitz inmitten einer Moorlandschaft begeben. Die Einheimischen sind über seine Ankunft aber alles andere als erfreut und möchten ihn so schnell wie möglich wieder loswerden – es scheint da ein grauenvolles Geheimnis um das Anwesen zu geben...



Hielt sich Herbert Wises Verfilmung von 1989 bis auf eine Modifikation des Endes noch ziemlich nah an Susan Hills Romanvorlage, wird diese hier nicht nur erheblich umstrukturiert, sondern auch durch zahlreiche Ergänzungen erweitert. In der Tat ist der Originalstoff im Ganzen ein wenig ereignisarm und konnte ein paar zusätzliche Höhepunkte vertragen, hier hat man dann aber leider gleich ziemlich übertrieben, vor allem mit den Bus-Effekten. Unweigerlich mußte ich mir vorstellen, wie der Film wohl geworden wäre, wenn Ti West auf dem Regiestuhl gesessen hätte, der mit House of the Devil und The Innkeepers gezeigt hat, daß man auch heutzutage noch atmosphärisch dichte Sequenzen in unheimlichen Häusern inszenieren kann, ohne es ständig krawummsen zu lassen. Abgesehen davon bietet der Film aber prächtige Bilder und Locations nebst einem stimmigen Score – und die zahlreichen markanten Gesichter in den Nebenrollen sowie Set Design, Ausleuchtung und Kameraführung machen dies zu dem ersten der „neuen“ Hammerfilme, der an die Tugenden der liebgewonnenen Klassiker des Studios erinnert. In der Beziehung kann man gerne so weitermachen, schließlich gibt es ja noch genügend reizvolle Horrorstoffe der alten Schule, die seit Jahrzehnten auf eine Verfilmung warten.

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