Sonntag, 3. März 2013
Isn't Anyone Alive?
Ikiterumono wa inainoka, Japan 2012, Regie: Sogo Ishii



Ein Tag am Campus einer ländlichen Universität: Wir beobachten die trivialen und manchmal auch nicht so trivialen Unterhaltungen und Probleme der Studenten, so wollen zwei heiraten, obwohl er gerade erst ein anderes Mädchen geschwängert hat. Andere bereiten schon ihre Tanznummer für die anstehende Hochzeit vor oder planen ein Seminar über urbane Legenden. Da bricht im Parkcafé eine Studentin plötzlich zusammen und stirbt. Und sie ist nur die Erste...



Ein hochgradig merkwürdiger Film, der zumindest bei mir nicht so recht funktionieren wollte. Man kann ihm zwar zugute halten, daß er definitiv in keine Schublade passt und unvorhersehbar ist (dies und die apokalyptische Geschichte erinnerten mich an M. Night Shyamalans The Happening), aber er liefert zugleich ein unbefriegendes Wechselbad an Stimmungen ab - einzelne Szenen sind in der Tat wundervoll, andere kommen wiederum wie blanker Zynismus daher. Wunderbar ist auf jeden Fall der Anfang, der ruhige Bilder zu einem toll krachigem Indie-Rocksong präsentiert und bei mir eine leichte Gänsehaut auslöste, dann aber verfolgt man die Gespräche der Studenten, von denen einige ziemliche Idioten sind, so daß, als nach 30 Minuten das Sterben beginnt, dem Zuschauer ihr Schicksal reichlich egal ist.



Es folgen durchaus tragische Szenen, die aber wieder von welchen mit platten Witzen (der Sänger einer Boygroup stirbt einen besonders peinlichen Tod) oder durchaus gelungenem schwarzen Humor (die Diskussion einiger Überlebenden über die perfekte Länge von letzten Worten) abgelöst werden. Erst das Ende greift wieder die melancholische Stimmung des Anfangs auf und bietet beeindruckende Bilder. Ich habe ja gar nichts gegen Filme, die einen mit einem großem Fragezeichen hinterlassen, aber hier hat man schon sehr stark den Eindruck, daß das Potenzial der Macher und der Geschichte nicht wirklich ausgeschöpft wurde, weil scheinbar niemand genau wußte, wo man eigentlich hin wollte.

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Donnerstag, 21. Februar 2013
Eugen Egner: Totlachen im Schlaf
Das wird ein sehr langweiliger Text, denn ich kann auch bei der neuesten Sammlung von Erzählungen des großartigen Eugen Egner nichts anderes schreiben als zu den letzten beiden. Immerhin fiel mir durch das Verlinken gerade auf, daß die vergangenen Rezensionen beide exakt 404 mal gelesen wurden, obwohl die ältere schon ein Jahr länger im Netz steht. Das ist ein bizarrer Zufall, der gut zu den Texten von Egner passt. Auch dieser Band bereitet große Freude, die Titelgeschichte gefiel mir diesmal wieder am besten, aber Ausfälle gibt es auch hier keine. Interessant, daß diesmal etwas mehr Leitmotive eingesetzt werden, die in mehreren Erzählungen zentrale Rollen spielen, wie zum Beispiel Regenschirme und der Mond. Wer grotesk-unheimliche Texte mag und den Autor noch nicht kennt, sollte schleunigst Abhilfe schaffen, da man sonst Gefahr läuft, durch eine geistig minderwertige Zweitausgabe der eigenen Person ersetzt zu werden.

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Montag, 4. Februar 2013
Modus Anomali
Indonesien 2012, Regie: Joko Anwar



Im Dschungel: Ein junger Mann wurde scheinbar lebendig begraben und kann sich nicht mehr an seinen Namen erinnern. Er stößt auf ein scheinbar verlassenes Haus und findet dort eine Videokamera, mit der ein bestialischer Mord an einer schwangeren Frau dokumentiert wurde...



Bewußt habe ich die Zusammenfassung auf die ersten 10 Minuten des Films beschränkt, denn, was danach passiert, ist ohne Spoiler recht schwer zu beschreiben. Auch hier zeigt Regisseur Anwar der Erwartungshaltung des Zuschauers wieder den Stinkefinger, allerdings vermochte der Film mich nicht ganz so zu begeistern wie seine vorherigen Werke Pintu terlarang und Dead Time: Kala. Das mag einerseits daran liegen, daß das möglicherweise von thailändischen Kollegen wie Weerasethakul oder Ratanaruang inspirierte Dschungel-Setting nicht wirklich die gewünschte Atmosphäre erzeugt im Gegensatz zu den vortrefflichen Bildern urbaner Paranoia in den Vorgängerfilmen, andererseits ist die Story hier auch nicht ganz so ausufernd und abgedreht - wenn auch reichlich rätselhaft, eine Zweitsichtung bringt eventuell etwas mehr Klarheit. Aber es ist schön zu sehen, daß Joko Anwar seinem Programm treu bleibt, Genrefilme mit einer gesunden Fuck you-Attitüde umzusetzen, die eine herkömmliche Vermarktung nahezu unmöglich macht. Daher wird auch dieser Film wie seine früheren Werke international kaum wahrgenommen werden, weil das herkömmliche Publikum von derlei Kaltschnäuzigkeit entweder überfordert oder verärgert wird. Äußerst erfreulich also, daß dieses enfant terrible anscheinend noch genügend Geldgeber in Indonesien findet, um seine erfrischend eigenwilligen Projekte zu finanzieren. Ich freu mich schon auf seinen nächsten Film.

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