Samstag, 9. März 2013
The Year of the Sex Olympics
GB 1968, Regie: Michael Elliott



In einer fernen Zukunft machen sich die Verantwortlichen eines Fernsehsenders Sorgen, da ihr bisheriger Quotenrenner, die Sex-Olympiade, in der der Geschlechtsverkehr verschiedener Paare von einer Jury bewertet wird, beim Publikum nicht mehr auf allzu großes Interesse stößt, auch die "Angry Hungry Show", in der sich Obdachlose mit Torten bewerfen, war schon mal erfolgreicher. Als jedoch ein Mitarbeiter während einer Liveshow zu Tode stürzt und damit das Publikum begeistert, wittern die Produzenten neue Möglichkeiten und entwickeln ein Konzept, in dem sie Mitarbeiter auf eine entlegene Insel schicken und mit Kameras beobachten...



Nie werde ich den Idioten vergessen, der in einem Anglistik-Seminar zum dystopischen Roman meinte, Orwell, Huxley und Bradbury wären mit ihren Werken ja wohl gescheitert, da ihre Vorhersagen nicht eingetroffen sind. Der hatte mal gar nichts kapiert, kam mir aber bei Sichtung dieses Films wieder in den Sinn: Bei einem Fernsehfilm von 1968, der ein Fernsehen der Zukunft imaginiert, das seine größten Erfolge dadurch erzielt, echte Menschen in echten Situationen zum Amusement des Publikums bloßzustellen, kann man in Zeiten von Big Brother und Dschungelcamp wohl sagen, daß dieser Stoff auf verblüffend visionäre Art und Weise ins Schwarze trifft. Autor Nigel Kneale, der schon in den 50ern mit seiner Quatermass-Trilogie seiner Zeit voraus war (man sollte ja eigentlich meinen, alle Science Fiction-Autoren sind irgendwie ihrer Zeit voraus, das trifft aber de facto nur auf wenige zu), geht freilich noch einen Schritt weiter, der hier jetzt nicht verraten werden soll. Mag diese BBC-Produktion zu Beginn noch ein wenig exaltiert und anstrengend wirken, lohnt es sich auf jeden Fall, dranzubleiben, denn die zweite Hälfte zieht nicht nur dramaturgisch die Schraube an, sie läßt auch den talentierten Kameramann sich mal richtig austoben.






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Sonntag, 3. März 2013
Isn't Anyone Alive?
Ikiterumono wa inainoka, Japan 2012, Regie: Sogo Ishii



Ein Tag am Campus einer ländlichen Universität: Wir beobachten die trivialen und manchmal auch nicht so trivialen Unterhaltungen und Probleme der Studenten, so wollen zwei heiraten, obwohl er gerade erst ein anderes Mädchen geschwängert hat. Andere bereiten schon ihre Tanznummer für die anstehende Hochzeit vor oder planen ein Seminar über urbane Legenden. Da bricht im Parkcafé eine Studentin plötzlich zusammen und stirbt. Und sie ist nur die Erste...



Ein hochgradig merkwürdiger Film, der zumindest bei mir nicht so recht funktionieren wollte. Man kann ihm zwar zugute halten, daß er definitiv in keine Schublade passt und unvorhersehbar ist (dies und die apokalyptische Geschichte erinnerten mich an M. Night Shyamalans The Happening), aber er liefert zugleich ein unbefriegendes Wechselbad an Stimmungen ab - einzelne Szenen sind in der Tat wundervoll, andere kommen wiederum wie blanker Zynismus daher. Wunderbar ist auf jeden Fall der Anfang, der ruhige Bilder zu einem toll krachigem Indie-Rocksong präsentiert und bei mir eine leichte Gänsehaut auslöste, dann aber verfolgt man die Gespräche der Studenten, von denen einige ziemliche Idioten sind, so daß, als nach 30 Minuten das Sterben beginnt, dem Zuschauer ihr Schicksal reichlich egal ist.



Es folgen durchaus tragische Szenen, die aber wieder von welchen mit platten Witzen (der Sänger einer Boygroup stirbt einen besonders peinlichen Tod) oder durchaus gelungenem schwarzen Humor (die Diskussion einiger Überlebenden über die perfekte Länge von letzten Worten) abgelöst werden. Erst das Ende greift wieder die melancholische Stimmung des Anfangs auf und bietet beeindruckende Bilder. Ich habe ja gar nichts gegen Filme, die einen mit einem großem Fragezeichen hinterlassen, aber hier hat man schon sehr stark den Eindruck, daß das Potenzial der Macher und der Geschichte nicht wirklich ausgeschöpft wurde, weil scheinbar niemand genau wußte, wo man eigentlich hin wollte.

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Donnerstag, 21. Februar 2013
Eugen Egner: Totlachen im Schlaf
Das wird ein sehr langweiliger Text, denn ich kann auch bei der neuesten Sammlung von Erzählungen des großartigen Eugen Egner nichts anderes schreiben als zu den letzten beiden. Immerhin fiel mir durch das Verlinken gerade auf, daß die vergangenen Rezensionen beide exakt 404 mal gelesen wurden, obwohl die ältere schon ein Jahr länger im Netz steht. Das ist ein bizarrer Zufall, der gut zu den Texten von Egner passt. Auch dieser Band bereitet große Freude, die Titelgeschichte gefiel mir diesmal wieder am besten, aber Ausfälle gibt es auch hier keine. Interessant, daß diesmal etwas mehr Leitmotive eingesetzt werden, die in mehreren Erzählungen zentrale Rollen spielen, wie zum Beispiel Regenschirme und der Mond. Wer grotesk-unheimliche Texte mag und den Autor noch nicht kennt, sollte schleunigst Abhilfe schaffen, da man sonst Gefahr läuft, durch eine geistig minderwertige Zweitausgabe der eigenen Person ersetzt zu werden.

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