Donnerstag, 28. April 2016
Terza Visione #3 - Tag 2
Am Samstag dann erst mal bei feinem Sonnenschein Kaffee und Kippe am Ufer der Pegnitz, was so ein richtiger Filmbekloppter ist, den hält aber auch der erste Tag des Jahres im T-Shirt nicht davon ab, um 13 Uhr ins Kino zu rennen, vor allem wenn man ein Date mit Laura Antonelli hat.



MALIZIA (Salvatore Samperi, 1973) überzeugte dann auch auf ganzer Linie und sezierte die patriarchalische Gesellschaft mit bitterbösem, oft überraschend deftigem Witz. Neben Frau Antonelli war auch die Fotografie von betörender Schönheit.



Unschöner und ruppiger ging es in FANGO BOLLENTE (Vittorio Salerno, 1975) zur Sache: Als drei von ihrem monotonen Angestelltendasein gelangweilte Freunde im Streit einen LKW-Fahrer ermorden, entdecken sie ihre Lust am Bösem und den Adrenalinrausch. Mit Joe Dallessandro in der Hauptrolle rast der Film schnittig durch die Nacht und geizt dabei weder mit Schauwerten noch mit bitterer Sozialkritik.


Deutsche Erstaufführung nach 44 Jahren. (Screenshot: Christine Winzen)

Die Filme des Festivals sind allesamt äußerst selten auf der großen Leinwand auf 35mm zu bestaunen, doch nun folgte eine absolute Rarität: In einer privaten Sammlung entdeckte Kurator Christoph Draxtra mit CRISTIANA MONACA INDEMONIATA (Sergio Bergonzelli, 1972) einen seiner Lieblingsfilme und liess es sich nicht nehmen, die stark beschädigte und vom Essigsyndrom gezeichnete Kopie in stundenlanger Arbeit mühevoll zu restaurieren - dem noch nicht genug, wurden auch noch deutsche Untertitel für den Film angefertigt. Das kann man mal Filmliebhaber nennen! Und die Mühe hat sich gelohnt: Ohne Hemmungen schichtet Bergonzelli verschiedenste Genres übereinander, daß es eine Freude ist, und auch was Bilder, Dialoge und Musik betrifft, gibt es hier keinerlei Zurückhaltung. Geil.


Stinky Pete, Oliver Nödings Vetter aus San Francisco, führte uns in die Welt des LSD ein. (Foto: Christine Winzen)

Nach diesem Trip wurde dann aber gleich der nächste eingeschmissen: LSD - PARADIES FÜR 5 DOLLAR (Giuseppe Maria Scotese, 1967/68) klärt über die Droge auf, die "genauso gefährlich wie die Atombombe" ist und garniert die Kolportage mit kleinen Episoden über Einzelschicksale in New York, und das immens unterhaltsam und bewußtseinserweiternd. Besonders amüsant auch hier wieder die zeitgenössische deutsche Synchronisation, die "Trip" konsequent mit "Reise" übersetzte und zahlreiche weitere Ungeheuerlichkeiten bot. Paradies für 5 Euro.

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Samstag, 9. April 2016
Terza Visione #3 - Tag 1
Nachdem ich auf die ersten beiden Ausgaben schändlicherweise verzichtet habe, war es dieses Jahr endlich mal an der Zeit, das in Nürnberg stattfindende Festival des italienischen Genrefilms aufzusuchen, und es waren drei großartige Tage und Nächte! Eine bunte Reise durch die cineastische Vielfalt des Landes mit prächtigen 35mm-Kopien und einem tollen Publikum.



Eröffnet wurde das Festival mit VIER FLIEGEN AUF GRAUEM SAMT (Dario Argento, 1971), den ich zuletzt vor zahlreichen Jahren auf VHS in eher übler Qualität gesehen hatte. Es gibt zwar mittlerweile eine DVD/Blu-Ray, aber ich war froh, die erneute Sichtung stattdessen in diesem Rahmen vorgenommen zu haben. Im Hinterkopf eher als medioker im Vergleich zu den folgenden Filmen des Regisseurs abgespeichert, mußte ich diese Meinung schnell revidieren. Stilistisch tobt sich Argento hier schon ziemlich aus und ich hatte auch gar nicht mehr auf dem Schirm, wie lustig der Film ist, nicht nur in den Szenen mit Bud Spencer. Spitzenklasse!



Humorvoll ging es weiter mit dem Beitrag des Festivals zum Peplum-Genre: SIEBEN GEGEN ALLE (Michele Lupo, 1965) entstand zu einer Zeit, als der Sandalenfilm sich schon Blasen gelaufen hatte, ergo wurde ein beträchtlicher Slapstick-Anteil hinzugefügt, der prächtig funktioniert. Der prominente Einsatz einer kleinwüchsigen Figur schadete dem Vorhaben freilich auch keineswegs.



Abgeschlossen wurde der erste Abend mit einer wilden Mischung verschiedenster Genres: In ATLANTIS INFERNO (Ruggero Deodato, 1983) taucht Atlantis wieder aus dem Meer auf und seine Bewohner sind schlimme Punks in der MAD MAX-Tradition. Man könnte diese Action/SF/Fantasy-Mixtur "inkohärenten Käse" nennen, aber gerade das macht den Film immens unterhaltsam, da man nicht ahnt, welcher Wahnsinn als nächstes um die Ecke kommt. Die deutsche Synchro veredelte das Ganze noch, eine Menge Spaß zur späten Nacht.

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Dienstag, 15. März 2016
L'étrange château du docteur Lerne
Frankreich/Schweiz 1983, Regie: Jean-Daniel Verhaeghe



Der Student Nicholas schätzt das schöne Leben und als ihm die Mittel auszugehen drohen, versucht er, bei einem Besuch seines reichen Onkels etwas abzustauben. Dieser ist aber nicht nur äußerst verschroben, auch scheint in seinem Schloß nicht alles mit rechten Dingen zuzugehen: Was sind das für seltsame Pflanzen im Gewächshaus? Warum laufen überall Tiere herum, die sich seltsam verhalten? Und was sind das genau für Experimente, die im Keller stattfinden? Nicholas hat bald die Schnauze voll und will sich mit einer Kiste Goldbesteck aus dem Staub machen, als er die schöne Tochter der Dienstboten erblickt...



Für den Film lagen mir leider keine Untertitel vor, aber da ich kürzlich erst die literarische Vorlage gelesen hatte, konnte ich in etwa folgen. Die Adaption verstärkt die grotesken Elementen des Romans und die Titelfigur mit dem eher für komische Rollen bekannten Jacques Dufilho zu besetzen passt zu diesem Konzept recht gut. Auch veränderte man die zentrale Transplantation: Statt in den Körper eines Stiers transplantiert zu werden, wird Nicholas' Gehirn mit dem des Vaters seiner Geliebten getauscht, was dann vielleicht eine noch perfidere Bestrafung ist.



Die an sich schon reichlich aberwitzige Geschichte sorgt dann für einige erstaunliche Szenen und es gelingt auch teilweise eine interessante Atmosphäre, die an des Regisseurs Debütfilm erinnert, der mich im großen und ganzen aber wesentlich mehr begeistern konnte. Außerdem tritt die Romanfigur des fürchterlichen Dr. Klotz in der Verfilmung gar nicht selbst in Erscheinung, es wird leider nur von ihm gesprochen.

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