Samstag, 5. Oktober 2013
The Insomniac
GB 1971, Regie: Rodney Giesler



Ein älterer Familienvater liest seinen drei Kindern in einem Londoner Wohnsilo eine Gutenacht-Geschichte über die Macht der Fantasie und Träume vor, anschließend kann er aber nicht schlafen. Seine Frau möchte nicht befummelt werden und hustet, wenn er sich eine Kippe ansteckt. Da nimmt er plötzlich mitten in der Nacht ein helles Licht hinter den Vorhängen wahr.



Da draußen ist Sonnenschein, es ist warm und statt Großstadt-Tristesse ist da plötzlich eine wunderschöne ländliche Gegend voller Bäume und Wiesen. Er setzt sich ins Auto und macht eine Spritztour, trifft nur Leute mit Sonnenbrillen, einer davon lädt ihn auf eine Party auf einem Landsitz ein. Er fühlt sich sehr zur attraktiven Frau des Gastgebers hingezogen, die dann auch mit ihm durchbrennt. Gemeinsam verbringen sie schöne Stunden im Grün...



Dieser nur 45 Minuten lange Film ist die einzige fiktive Arbeit eines Regisseurs, der ansonsten nur Dokumentationen veröffentlichte. Schade eigentlich, denn die eigenartige Geschichte kann sich durchaus sehen lassen. Am stärksten ist wohl die Auflösung, bei der nicht wie bei ähnlichen Stoffen eindeutig entschieden werden kann, was denn nun die "Wirklichkeit" ist. Die blasse Realität und der bunte Traum haben sich dermaßen ineinander verknotet, daß man sie nicht mehr voneinander trennen kann. Großartig.

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Mittwoch, 18. September 2013
Irgendwo und irgendwann wie Lichter in der Nacht


Das erste Mal war ich als Kind in Nürnberg und ich erinnere mich nur noch daran, in einem Buchladen einen Tim & Struppi-Comic gesehen zu haben, den ich noch nicht kannte und unbedingt haben wollte. So quengelte ich meine Mutter voll und schien zunächst erfolgreich, bis sich herausstellte, daß der Buchladen wohl zu so einem Buchclub gehörte, bei dem man erst Mitglied werden mußte, um irgendwas kaufen zu dürfen, und darauf hatten meine Eltern verständlicherweise keinen Bock. Damals hatte ich dafür kein Verständnis und quengelte noch einige Stunden weiter. Der fehlende Tim & Struppi-Band ging erst einige Monate später in meinen Besitz über. Dann war ich ein zweites Mal kurz in Nürnberg, mußte dort auf dem Weg zum Kongress der Fantasie in Passau umsteigen, hatte eine halbe Stunde Aufenthalt und lief eher planlos um den Bahnhof herum. Mein drittes Mal in Nürnberg werde ich sicherlich auch nicht vergessen, führte es mich doch auf den 11. Außerordentlichen Filmkongress des Hofbauer-Kommandos, der cineastische Kostbarkeiten sondergleichen präsentierte.



Der gute Oliver von Remember it for later nahm mich in seinem Auto mit und so gleiteten wir zu den Klängen von Buzzcocks, Ramones, Joy Division, Wire und und und die A3 herunter. Etwas befremdet von CSU-Wahlplakaten, die wir als Rheinländer nicht gewohnt waren, gab es dann beim Treffpunkt erstmal ein großes Hallo, bei der ich dann der ein oder anderen bislang nur aus dem Internet bekannten Person mit Freuden die Hand schütteln durfte. Zum ersten Film gab es einen Stargast: Die großartige Katja Bienert, die wir ja bereits in Aachen begrüßen durften, war ebenfalls aus Berlin angereist und gab ein ausführliches Interview, bevor dann LOLITA AM SCHEIDEWEG (Jess Franco, Spanien 1980) gezeigt wurde. Die Kopie hatte ich letztes Jahr schon beim Filmclub 813 in Köln gesehen, aber den traumgleichen Bildern in flirrender Hitze setzte ich mich gerne ein zweites Mal aus. Zu Ehren des im April dieses Jahres verstorbenen Regisseurs gab es dann mit ENTFESSELTE BEGIERDE (Jess Franco, Belgien/Frankreich 1973) im Anschluß einen weiteren Film von ihm. Ich hatte bislang nur eine englisch gedubbte Fassung mit eingefügten Hardcore-Szenen gesehen, diese hier gefiel mir aber wesentlich besser, da der merkwürdige Plot, welcher Atlantis, Fellatio, Erich von Däniken und Vampire zusammenschmeißt, auf Deutsch noch einmal viel besser daherkommt, wobei die Schönheit von Lina Romay auf großer Leinwand auch nicht zu verachten ist. Die folgenden Programmpunkte schickten uns erstmal auf GESCHÄFTLICHE REISE ZUR ERHOLUNG IN AFRIKA (Vernon Whitten), ein offenbar von der Südafrikanischen Tourismusbehörde Ende der 50er/Anfang der 60er in Auftrag gegebener Werbefilm, der wohlhabenden Weißen die Schönheiten des Landes preist, in welchem außer dem ein oder anderen Kellner auch kein Schwarzer zu wohnen scheint. Ui ui ui. Anschließend verschlug es uns in DIE SEX-SPELUNKE VON BANGKOK (Erwin C. Dietrich, Schweiz 1974), der in den prächtigsten Farben erstrahlte, aber in seiner lieblosen Inszenierung von unschönen Sexualakten zugleich den ganzen Körper lähmte.



Am Samstag stellte ich in der Nürnberger Müller-Filliale fest, daß ich auf dem Rückcover der DVD von ZOMBIE DRILLER KILLER zitiert werde, und mußte sie reflexartig kaufen. Später saßen Oliver und ich in der ältesten Weinstube Deutschlands, die auch Albrecht Dürers Stammkneipe war, und verzehrten lokale Spezialitäten, bevor es dann per U-Bahn nach Fürth zum weiteren Filmprogramm ging. BARBARA – WILD WIE DAS MEER (Frank Wisbar, Deutschland 1961) warf mich dann direkt um mit seinen prächtigen Locations und dieser Art der Melodramatik, die man nur in deutschen Filmen dieser Periode findet. Ein großartiges Ensemble spricht großartige Dialoge und ein Stück von mir schmolz weg. In MENSCHEN VON MORGEN (Kees Brusse, Deutschland 1965) werden junge Leute interviewt, deren Aussagen zunächst belustigen, mit zunehmender Laufzeit aber gar nicht so dumm zu sein scheinen. Ein Meisterwerk der Montage, tragischerweise durch das Raster der Filmgeschichtsschreibung gefallen. Wie auch VENUSBERG (Rolf Thiele, Deutschland 1963), eine italienisch flirrende Geschichte über sechs Frauen, die in einem Ferienhaus zusammenfinden um „auf einen Mann zu warten, der nicht kommt.“ (Lexikon des Internationalen Films) Eindrucksvoll fotografiert, ist der Film in seiner Behandlung von Tabuthemen seiner Zeit eindeutig voraus, mußte bei der FSK zahlreiche Federn lassen und beweist, daß das deutsche Nachkriegskino keineswegs so bieder war, wie es gerne hingestellt wird. Bestand die Reaktion des Kongresspublikums bis dahin aus einem zufriedenem Schnurren aufgrund der hochgradigen Qualität des Programms, so steigerte sie sich bei BARON PORNOS NÄCHTLICHE FREUDEN (Frits Fronz, Österreich 1969) in die absolute Hysterie. Was nicht weiter verwunderlich ist: Dieser Film torpediert den Zuschauer mit so vielen Unglaublichkeiten, so daß dieser nur noch mit offenem Mund gackernd am Boden herumzukriechen vermag. Ein Wahnsinn, der in Worten nicht zu fassen ist. Der Wahnsinn ging jedoch weiter mit einer fulminanten Trailershow (u.a. EROTIK IN DER FOLTERKAMMER) und DAS LIEBESTOLLE INTERNAT (Jürgen Enz, Deutschland 1982) – selten ist Sex so unerotisch wie bei Jürgen Enz inszeniert worden, aber gerade das macht seine Filme zu Manifesten der Trübnis in kahlen Settings mit nur halbfertigen Protagonisten und unsinnigen Späßen, die so wenig lustig sind, daß es schon wieder traurig wird. Eine Erfahrung, die jeder mal gemacht haben sollte, um daraus gestählt hervorzugehen. Enz gehört in den Filmkanon! Zu genanntem Film empfiehlt sich auch die Lektüre des Textes der lieben Silvia.



Sonntags wandeln wir, Baron Pornos Melodie summend, durch die Stadt, werden zuweilen zugeregnet und trinken ein Bier beim Altstadtfest am Ufer der Pegnitz. Eine Menge Leute laufen vorbei, ich meine, Bekannte aus Aachen zu erkennen, was freilich absoluter Quatsch ist. Das Filmprogramm knallt uns anschließend in die Bikini-Welt von Florida mit DAZU GEHÖREN ZWEI (Henry Levin, USA 1960), einer leichtfüssigen Hollywood-Komödie, die einfach nur Freude bereitet. Obwohl toll inszeniert, empfand ich den melodramatischen Subplot um die vergewaltigte Protagonistin eher als etwas unpassend, aber die meiste Zeit habe ich eh nur Paula Prentiss angeschmachtet. Beim Abendessen wanderte ein „Frankenteller“ in meinen Darm, dessen Sauerkraut eher nach Süßkraut schmeckte, aber das ist wohl so üblich. Eigentlich wollte ich auch nur die leckeren Würste. Zurück im Kino, gab es ein „Nudie Cutie-Double Feature“, beginnend mit HOW I LIVED AS EVE (Zygmunt Sulistrowski, USA/Brasilien 1963): Um das Gelände ihrer Nudisten-Kolonie behalten zu dürfen, muß eine Gruppe wackerer nackter Menschen auf Wunsch des Besitzers drei Monate lang auf einer einsamen Insel allein zurecht kommen. Herrlich sympathischer Blödsinn, der noch von TÖCHTER DER SONNE (Alexander Swiagenin, Schweiz 1964) getoppt wurde: Hier verschlägt es die Nackedeis auf Korsika, wo sie sich unter anderem mit Bällen necken. Mit UNERSÄTTLICHE TRIEBE (Hiroshi Mukai, Japan 1967) gab es eine weitere Rarität, allerdings erwischte das toll fotografierte Erotikdrama um einen Boxer mich nicht unbedingt auf dem Höhepunkt meiner Aufmerksamkeit. Vom TODESSCHREI DES GELBEN PANTHERS (Joseph Kong, Taiwan 1972) wurde ich dann wieder geweckt, feinstes Martial Arts-Gekloppe mit einem wunderbar schmierigem Bösewicht, der immer zu früh kommt. Den krönenden Abschluß bildete LADY OF THE ORIENT EXPRESS (Franco Lo Cascio, Spanien/Italien 1989), ein ausufernd schleimiger Softsex-Streifen, bei dem neben den Dialogen vor allem die Auftritte einer Opernsänger-Nebenfigur begeisterten.

Das waren tolle Tage! Dem Hofbauer-Kommando sei auch an dieser Stelle noch mal herzlicher Dank ausgesprochen und ich hoffe, es gibt bald ein Wiedersehen. Zum Kongress siehe auch die Ratings von Thomas sowie die Reviews vom fleissigen Oliver, der die Filme ausführlich würdigt und nicht so schamlos kurz wie ich über sie drüber hoppelt.

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Donnerstag, 12. September 2013
Dark Touch
Frankreich/Irland/Schweden 2013, Regie: Marina de Van



Die Polizei steht vor einem Rätsel, als sie die kleine Niamh aus einem brennenden Haus retten, in dem vorher ihre Eltern bestialisch ermordet wurden. Auch die neue Pflegefamilie ist unsicher, wie sie dem Mädchen helfen kann. Der Zuschauer weiß hingegen, daß Niamh von ihren Eltern mißhandelt wurde und jedes Mal, wenn sie ängstlich, zornig oder traurig ist, unkontrollierbare telekinetische Kräfte entfesselt...



Es war zu erwarten, daß die Regisseurin, die in ihren früheren Filmen In my skin und Don't look back das Verhältnis von Frauen zu ihrem Körper thematisierte, hier keinen straighten Horrorthriller abliefert. Insofern ist es schon überraschend, daß der Film über den Großteil seiner Laufzeit dann doch als solcher daherkommt. Die Wendung, die er schlußendlich einschlägt, ist zwar äußerst diskussionswürdig, aber ich habe sie so auf keinen Fall erwartet. Und es bleiben auch einige Fragen offen, die aber eine Zweitsichtung mit genauerem Blick auf die religiöse Symbolik zahlreicher Bilder eventuell beantworten könnte.



Sonst noch am Dienstag auf dem Fantasy Filmfest gesehen: 100 Bloody Acres und Siberian Education.

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Mittwoch, 11. September 2013
A Field in England
GB 2013, Regie: Ben Wheatley



Eine kleine Gruppe Männer irrt während des Bürgerkriegs im 17. Jahrhundert über das Land, als ihnen ein Fremder begegnet, der sie dazu zwingt, ein Feld nach einem Schatz abzusuchen...



Man kann Regisseur Wheatley nicht vorwerfen, sich zu wiederholen, liefert er doch nach Kill List und Sightseers hier wieder etwas vollkommen anderes ab. Daß er sich dem Publikum anbiedert, kann man ebenfalls nicht behaupten, denn sein neuer Film ist eigenwillig, sperrig und leider auch ziemlich zäh. Wer britischen Humor der Marke "League of Gentlemen" (deren Reece Shearsmith hier auch eine Hauptrolle übernimmt) zu schätzen weiß, dürfte stellenweise auf seine Kosten kommen, auch finden sich zahlreiche Verweise auf andere Filme - allen voran Blood on Satan's Claw, aber auch Onibaba und El Topo kommen in den Sinn - aber für mich war das alles etwas zu wenig. Die durchaus gelungene Trip-Sequenz hätte auch ruhig etwas länger gehen können. An sich bietet der Film aber schon eine willkommene Abwechslung zu durchschnittlicher Standard-Genreware und ich werde Herrn Wheatley sicherlich weiter im Auge behalten.



Sonst noch am Montag auf dem Fantasy Filmfest gesehen: Love Eternal und The Last Days.

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Samstag, 31. August 2013
Kidnapped Coed
Trouble / Date with a Kidnapper, USA 1976, Regie: Frederick R. Friedel



Als er die Studentin Sandra entführt, hat der Kidnapper Eddie wohl nicht damit gerechnet, welche Schwierigkeiten das nach sich zieht: Bei ihrer Reise durchs amerikanische Hinterland geraten die beiden an zahlreiche skurrile Gestalten, die entweder noch viel krimineller oder vollkommen verrückt sind...



Das war jetzt mal eine ziemliche Überraschung: von Harry Novaks Firma "Box Office International" ist man normalerweise schmierige Sex & Gewalt-Ware gewohnt, abgesehen von einer schon ziemlich derben Vergewaltigungsszene geht der Film aber in eine vollkommen andere Richtung, und Nuditäten gibt es gar keine zu sehen.



Wir haben es hier eher mit einem beinah surrealem Roadmovie zu tun, der über weite Strecken auch hervorragend als Komödie funktioniert. Dazu tragen neben den tollen Locations vor allem die Darsteller bei, nicht nur die Hauptfiguren, auch zahlreiche Nebencharaktere sind perfekt besetzt.



Besonders aber überzeugt die Fotografie: Hier wurde fast jede Einstellung sorgfältig vorbereitet und alles sieht ziemlich großartig aus. Einer der Kameramänner war übrigens Phil Smoot, dem wir den Wahnsinn namens The Dark Power verdanken.



Wenn seine "schmuddelige" Herkunft dem Film nicht im Weg gestanden hätte, könnte diese kleine Perle sich durchaus zu den Roadmovie-Klassikern der New Hollywood-Ära gesellen. Ein paar seltsame Auslassungen, die Spaßverderber als Löcher im Plot bezeichnen können, steigern die Merkwürdigkeit des Films noch.





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Montag, 15. Juli 2013
Gefährlich sind die hellen Nächte
Noita palaa elämään / The Witch, Finnland 1952, Regie: Roland af Hällström



Bei Ausgrabungen im Sumpf stößt der Archäologe Hannu auf ein schönes nacktes Mädchen, daß er für eine geistig verwirrte Person hält, die sich verlaufen hat. Die Dorfbewohner sind jedoch anderer Ansicht, wurde doch genau an dieser Stelle vor 300 Jahren eine Hexe hingerichtet und begraben...



Ich kenne bislang nur zwei ältere finnische Horrorfilme, und obwohl beide stimmungsvolle Bilder der kargen Landschaft bieten und eine Femme Fatale als Hauptmotiv haben, könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Überwiegt im beeindruckenden Das weiße Ren die Melancholie, so stehen hier in erster Linie die komödiantischen Merkmale im Vordergrund. Basierend auf einer Vorlage des zurecht gefeierten Mika Waltari, sind diese auch heute noch ziemlich lustig. Hinzu kommen einige stimmungsvolle Momente und eine verblüffende Freizügigkeit der hübschen Hauptdarstellerin, aber da war man in Nordeuropa der Zeit eh ziemlich voraus. Der Score ist leider ein bißchen sehr repetitiv und die zahlreichen Dialoge um diverse Liebes-Dreiecke häufen sich auch ein wenig, aber der Rest des Films ist schon ungewöhnlich und einzigartig genug, um Freunden klassischen Horrors eine kurzweilige, zuweilen verblüffende Erfahrung zu bescheren.

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Donnerstag, 4. Juli 2013
They
Lost Souls - Botschaft aus dem Jenseits, Frankreich/USA 1993, Regie: John Korty



Mark Samuels ist ein typischer Erfolgsmensch, der über der Arbeit schon mal die Familie vernachlässigt. Nachdem er einen Auftritt seiner 11jährigen Tochter als Prima Ballerina verpasst hat, stirbt diese kurz darauf bei einem Autounfall. Trauernd beginnt er, merkwürdige Visionen zu haben, eine Zeichnung seiner Tochter von einem unbekannten Haus spielt dabei immer wieder eine Rolle. Als er dieses Haus auf einer Fotografie wiedererkennt, beschließt er, dort hinzufahren und findet dort eine blinde Frau vor, nebst einigen Kindern, die aber nicht in seine Nähe kommen wollen und immer nur kurz zu sehen sind...



Mir stand mal wieder der Sinn nach einem Geisterfilm, all zu hohe Erwartungen hatte ich bei dieser TV-Produktion keine, und gesehen haben muß man sie wohl wirklich nicht. Die Inszenierung ist reichlich hölzern, die Bilder kommen von der Stange und nur 2-3 mal gelingen atmosphärische Momente. Von einem "für die ganze Familie" konzipierten Film mehr Unheimlichkeit zu erwarten, wäre aber auch zu viel verlangt. Patrick Bergins Overacting ist der Stimmung auch nicht zuträglich und fällt besonders auf, wenn er gegenüber der gewohnt souveränen Vanessa Redgrave auftritt. Außerdem hat er hier eine Frisur, die ihn David Hasselhoff frappant ähnlich aussehen lässt.



Was ich aber nicht auf den Schirm hatte, war, daß der Film die Adaption einer 1904 erschienenen Kurzgeschichte von Rudyard Kipling ist, der neben dem "Dschungelbuch" ja auch zahlreiche phantastische Texte verfasste. Diese Geistergeschichte kannte ich noch nicht und sie ist wirklich sehr hübsch. Äußerst reduziert freilich, ohne den ganzen Familienkram, der diese Verfilmung dominiert. Mir fiel dann im nachhinein auf, daß der recht brauchbare französische Terror-Thriller Ils (2006) nicht nur den Titel, sondern auch die Grundkonstellation von Kiplings Erzählung übernommen hat, diese aber auf interessante Art und Weise invertiert. Dort wird der Autor in den Credits allerdings nicht erwähnt, sondern eine wahre Begebenheit, auf der das Ganze beruhen soll. Hmm.

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Dienstag, 28. Mai 2013
La redevance du fantôme
Frankreich 1965, Regie: Robert Enrico



Bei einem Spaziergang entdeckt der Theologiestudent Fanning ein verlassenes Haus, das eine merkwürdige Anziehung auf ihn ausübt. Noch merkwürdiger wird es, als ein alter Mann das Gebäude scheinbar regelmäßig für kurze Zeit aufsucht. Von seiner Vermieterin erfährt Fanning, daß dies Captain Diamond ist, der seine Tochter einst verstieß, woraufhin diese starb und begann, das Haus als Geist heimzusuchen. Aus Mitleid mit dem verarmten Vater zahlt der Geist jedoch Miete, da sonst niemand dort wohnen will...



Schön, auch einmal eine andere Geistergeschichte aus der Feder von Henry James verfilmt zu sehen, von The Turn of the Screw gibt es ja mittlerweile wohl genug Adaptionen. Der frühere Text The Ghostly Rental ist zwar nicht ganz so ausgereift, läßt aber auch ausreichend Raum für Ambivalenz - zumindest in dieser Verfilmung, die noch mit einem kleinem Subplot angereichert wurde. Die Spaziergänge des Protagonisten durch kahle Bäume, begleitet von den Klängen der Natur, erinnern stark an Enricos Bierce-Adaptionen Au coeur de la vie, der extravagante Stil ist in diesem Fernsehfilm aber etwas zurückgeschraubt.



Nichtsdestotrotz ist das alles hübsch anzusehen, sehr stimmungsvoll und die Entwicklung der Geschichte hält einen auch bei der Stange. Will ich mal hoffen, daß mir hier nicht wieder eine frühere polnische Adaption in die Finger kommt...

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Montag, 20. Mai 2013
Most
Bridge, Polen 1960, Regie: Janusz Majewski



Ich bin etwas irritiert. Robert Enricos La Riviére du hibou, der später auch für eine TWILIGHT ZONE-Episode verwendet wurde und den Weg in den Episodenfilm Au coeur de la vie fand, zählt zu meinen absoluten Favoriten des Kurzfilms, und da ich einst für meine gedisste Diss ein Einstellungsprotokoll anfertigte, kenn ich ihn in- und auswendig. Nun sah ich eine zwei Jahre früher entstandene polnische Adaption von Ambrose Bierces Erzählung "An Occurrence at Owl Creek Bridge" in der streckenweise fast einstellungsgenau die gleichen Bilder zu sehen sind.



Nun ist die Version von Janusz Majewski, der zahlreiche phantastische Stoffe für das polnische Fernsehen adaptierte und leider nur wenige Kinofilme wie den feinen Lokis realisieren konnte, mit 12 Minuten nur halb so lang wie Enricos Fassung, wobei die meiste Zeit bei der imaginierten Flucht des Protagonisten eingespart wird. Auch das Stilmerkmal der schleichenden Kamera findet sich hier nicht, aber die Parallelen bei der Inszenierung der Hinrichtung sind schon äußerst frappant, auch wenn die Soldaten hier Preußen und keine Südstaatler sind.



Natürlich kommt es vor, daß verschiedene Regisseure, gerade wenn sie den selben Stoff verarbeiten, zufällig die gleichen Ideen haben, aber das hier ist sich schon verdammt ähnlich, bei der Unterwasserszene bin ich mir nicht mal sicher, ob das Material nicht sogar vollkommen identisch ist und Enrico seinem Protagonisten auch deswegen ein ähnliches Aussehen und die gleiche Kleidung verpasste. Das müßte ich bei Gelegenheit nochmal genauer prüfen.



Und natürlich macht das La Riviére du hibou nicht zu einem schlechteren Film, aber: Ich bin etwas irritiert.

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Mittwoch, 1. Mai 2013
Hades, vida despues de la muerte
Mexiko 1993, Regie: Paco del Toro



Als ein Idiot mit seiner Freundin auf offener Straße streitet, wird das Paar von einem Lastwagen überfahren. Während die Seele der Frau direkt in ein helles Licht eingeht, ist der Idiot dazu verdammt, weiterhin unsichtbar unter den Lebenden zu wandeln, ohne sich bemerkbar machen zu können. Schlimmer wird es, als ihm auch noch Dämonen erscheinen, die ihn regelmäßig in die Hölle herabziehen wollen...



Es gibt so Filme, durch die muß man einfach durch. Hauptaugenmerk von Regisseur del Toro und der Produktionsfirma "Armagedon" ist es, eine christliche Botschaft zu transportieren, und mögen auch die Szenen in der Hölle über etwas Stil verfügen, so muß man vorher durch zahlreiche staubtrocken inszenierte Minuten, in denen die Verfehlungen des Protagonisten (unehelicher Sex, Alkohol, Koks, hört nicht auf die gläubige Mutter) dargestellt werden, die vermutlich auch dann nicht spannender werden würden, wenn man spanisch verstünde oder es Untertitel für den Film gäbe. Tiefpunkt ist womöglich die Sequenz, in der unser Idiot auf der Straße einer Gruppe Punks begegnet und diese auch für Dämonen aus der Hölle hält. (Punks in mexikanischen Filmen sind eh ein Thema für sich, vgl. dazu dieses unglaubliche Werk.) Die Dämonenszenen sind dann nicht ganz so deliriös ausgefallen wie etwa beim Kollegen José Mojica Marins aus Brasilien, aber schon bizarr genug, um ausreichend zu unterhalten. Anbei daher noch ein paar Ansichtskarten aus der Hölle.







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